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Stasi-Zusammenarbeit: Kurras kommt mit steilen Thesen

Die Bundesanwaltschaft hat den ehemaligen Stasi-Agenten vernommen Er soll für seine Anwerbung Herbert Wehner verantwortlich gemacht haben.

Der ehemalige Polizist und Ost-Agent Karl-Heinz Kurras soll in einer Vernehmung der Bundesanwaltschaft seine Zusammenarbeit mit dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit zugegeben haben. Kurras habe bestätigt, dass er sich 1955 schriftlich zur Zusammenarbeit mit der Stasi verpflichtet habe, berichtete die „Berliner Zeitung“ am Donnerstag, ohne jedoch eine Quelle anzugeben. Die Bundesanwaltschaft ermittelt derzeit gegen Kurras wegen des Verdachts auf Landesverrat, gibt aber keine Erklärungen zum Verfahrensstand ab. Sie bestätigt nur, dass die Vernehmung am 21. Oktober in einer Berliner Außenstelle der Bundesanwaltschaft stattgefunden hat.

Die Vernehmung muss für die Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft einigermaßen erstaunlich verlaufen sein. Kurras soll nämlich erklärt haben, dass bei seinem Anwerbungsgespräch in Ost-Berlin auch der SPD-Politiker Herbert Wehner und der Chef der Stasi-Auslandsspionage, Mischa Wolf, dabei gewesen seien. Den Stasi-Akten über seine Anwerbung zufolge war Kurras allein zu den Gesprächen im April 1955 erschienen. Wehner war damals seit sechs Jahren Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen. Wolf leitete damals den Außenpolitischen Nachrichtendienst der DDR.

In Justizkreisen wird Kurras’ Äußerung über Wehner, Wolf und ihn als weiterer Hinweis darauf gewertet, dass der 81 Jahre alte Mann womöglich Zweifel an seiner Verhandlungsfähigkeit nähren will. Kurras’ Anwalt Mirko Röder hatte am vergangenen Freitag schon angekündigt, die Verhandlungs- und Schuldfähigkeit müssten gutachterlich geprüft werden, wenn die Justiz die laufenden Verfahren gegen seinen Mandanten durchziehe.

Neben dem Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats läuft ein weiteres der Berliner Generalstaatsanwaltschaft. Darin geht es um den tödlichen Schuss, den Kurras am 2. Juni 1967 während einer Demonstration auf den Studenten Benno Ohnesorg abgegeben hatte. Auch darüber soll sich Kurras in der Vernehmung der Bundesanwaltschaft geäußert haben.

Kurras soll entschieden bestritten haben, den tödlichen Schuss im Auftrag der Stasi abgefeuert zu haben. Darauf gibt es auch in den bislang bekannten Stasi-Akten keinen Hinweis; Kurras hatte den Schuss stets damit begründet, er habe sich von randalierenden Studenten bedroht gefühlt. Bei der Vernehmung am 21. Oktober soll er außerdem gesagt haben, „für dieses Gesindel wollte ich nicht sterben“. Seltsam muss auf die Ermittler der Bundesanwaltschaft auch Kurras’ Behauptung gewirkt haben, die Stasi habe ihn nicht bezahlt. Den Stasi-Unterlagen zufolge wurde der Agent regelmäßig entlohnt – Kurras will nun entgeltfrei gearbeitet haben. Er sei nach zwei Lotto-Gewinnen wohlhabend gewesen, habe aber auch 250 000 Mark an die Stasi abgetreten. wvb.

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