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Großes Angebot. Berlins Familien können zwischen knapp 2000 Kitas mit rund 140 000 Plätzen wählen. Weitere 5000 Kinder werden von Tagesmüttern betreut. Mehr als zwei Drittel der Plätze werden von freien Trägern gestellt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Statistik zur Kinderbetreuung: Zu wenig Zuwanderung in die Kitas

Die soziale Situation und die Betreuung der Kinder in Berlin und Brandenburg ist der Statistik zufolge noch nicht zufriedenstellend. Vor allem der Kitabesuch von Kindern mit Migrationshintergrund liegt immer noch unter dem Durchschnitt.

Beim Thema Kinderbetreuung müssen Berlin und Brandenburg den Vergleich mit dem Bund nicht fürchten: Beim Versorgungsgrad liegen die Länder stets vorn, auch die Öffnungszeiten gehen über das hinaus, was zwischen Flensburg und Rosenheim üblich ist. Dennoch bleiben erhebliche Risiken, wie die jüngsten Zahlen aus beiden Ländern belegen. Am Mittwoch wurden sie vorgestellt. Das größte Problem bleibt der unterdurchschnittliche Kitabesuch bei den Kindern unter sechs Jahren mit Migrationshintergrund. Obwohl sie in Berlin 44 Prozent dieser Altersgruppe stellen, machen sie nur 32 Prozent der Kitakinder aus. In Brandenburg ist die Situation ähnlich.

Dies bedeutet, dass Kinder aus Zuwanderungsfamilien im Schnitt seltener eine Kita oder Tagesbetreuung besuchen als Kinder ohne Migrationshintergrund, obwohl sie diese Förderung oftmals besonders nötig hätten. Auch das berichtete die Präsidentin des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, Ulrike Rockmann, als sie die Daten vorstellte: „Die Risikolagen für Kinder mit und ohne Migrationshintergund unterscheiden sich deutlich“, sagte sie mit Hinweis auf die Erhebungen.

Besonders klar werden die Unterschiede beim Blick auf die Bildungssituation. Ein „Bildungsrisiko“ wird diagnostiziert, wenn die Eltern weder eine Hochschulreife noch einen Berufsabschluss haben. Dies trifft im Schnitt bei 15,6 Prozent der Berliner und bei vier Prozent der Brandenburger Erstklässler zu. Betrachtet man nur die Kinder mit Migrationshintergrund, so liegt bei ihnen das „Bildungsrisiko“ ungleich höher.

Dabei unterscheiden die Statistiker zwischen Migranten mit und ohne deutschen Pass sowie zwischen Paarfamilien und Alleinerziehenden. Dabei zeigt sich, dass von den Kindern ohne Migrationshintergrund nur drei Prozent in Paarfamilien leben, in denen keiner von beiden eine Ausbildung oder zumindest eine Hochschulreife hat. In Migrantenfamilien mit deutschem Pass liegt dieses Risiko bei 22,6 Prozent, bei Alleinerziehenden sogar bei 42 Prozent. Für ausländische Kinder ohne deutschen Pass sind die Risiken laut Rockmann noch höher, denn dann ist mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden bildungsfern. Bei den Paarfamilien sind es 32,7 Prozent.

Groß sind auch die Unterschiede zwischen den Bezirken. Wie üblich gehört Neukölln zu den Schlusslichtern, weil hier rund ein Viertel aller Erstklässler einem Risiko durch schlecht ausgebildete Eltern ausgesetzt ist. Wenn Kinder mit einem alleinerziehenden Elternteil zusammenleben, steigt das Risiko sogar auf rund 50 Prozent. Am anderen Ende der Tabelle steht Pankow mit dem niedrigsten Risiko für die Kinder, da hier nur ein Bruchteil der Eltern schlecht ausgebildet ist.

Die Statistiker haben aber auch untersucht, auf welche Probleme die Kinder in der Kinderbetreuung stoßen. Dazu gehört, dass ein Drittel der Tagesmütter noch nicht über die Mindestqualifikation verfügt, die das Deutsche Jugendinstitut vorsieht. Als positiv wird allerdings vermerkt, dass es gegenüber 2008 eine Verbesserung gegeben hat: Seither ist der Anteil der Tagesmütter, die nicht über die Mindestqualifikation verfügen, in Berlin und Brandenburg von 60 auf rund 30 Prozent gesunken.

Sorge bereitet den Statistikern auch der hohe Altersschnitt der Erzieherinnen, die oft die Großmütter ihrer Schützlinge sein könnten: In Berlin ist ein knappes Viertel des Personals über 50 Jahre alt, in Brandenburg sogar ein Drittel. Der Altersschnitt liegt in Berlin bei 42 und in Brandenburg bei 44 Jahren. Ebenfalls wird negativ vermerkt, dass nur rund sieben Prozent der Berliner Erzieherinnen über eine Hochschulausbildung verfügen. In Brandenburg sind es knapp vier Prozent. Im Vergleichsjahr 2008 waren es allerdings noch weniger.

Berlins Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) reagierte am Mittwoch erfreut auf den Zuwachs bei den Kitaplatzzahlen, die das Amt für Statistik herausgab. „Berlin wächst, und wir haben entscheidende Maßnahmen in die Wege geleitet, um diese erfreuliche Herausforderung erfolgreich zu meistern“, verkündete die Senatorin. Die Prognose des Landesamtes sieht auf Grundlage der aktuellen Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2017 einen Mehrbedarf von rund 8 600 bis 15 300 neuen Kita-Plätzen vor. Mit dem im Sommer 2012 gestarteten Landesprogramm „Auf die Plätze, Kitas, los!“ sei die Schaffung von mehr als 2 100 Plätzen zunächst bis 2015 auf den Weg gebracht worden. Auch der steigende Anteil von Kindern in Tagesbetreuung ist aus Sicht der Senatorin ein Anlass zur Freude. Scheeres erinnerte auch daran, wie wichtig der Kitabesuch vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund sei. Wer drei oder mehr Jahre lang eine Kita besucht habe, schneide „deutlich besser“ bei der Einschulungsuntersuchung ab.

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