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Berlin: Staubsauger und Märchen teuer verkauft Dreieinhalb Jahre Haft für 59-jährigen Vertreter, der 84-Jähriger das Vermögen abnahm

Seit Jahren putzt Wolfgang G. Klinken.

Seit Jahren putzt Wolfgang G. Klinken. Er bietet Staubsauger an oder Panzerriegel für Wohnungstüren. Er ist 59 Jahre alt. Er wirkt freundlich und bescheiden. Dass ihm vor allem ältere Damen immer wieder ein Vertrauen schenkten, das er nicht verdiente, verwundert nicht. Auch Elvira S. war dem einschlägig vorbestraften Betrüger auf den Leim gegangen. Der 84-Jährigen nahm er nach und nach ihr gesamtes Vermögen in Höhe von knapp 120 000 Euro ab. Dafür musste er sich gestern vor dem Berliner Landgericht verantworten.

„Die Frau war allein, ich habe mich um sie ein bisschen gekümmert“, sagte der Angeklagte. Später sei ihm klar geworden, „dass es nicht richtig sein kann, Gelder anzunehmen“. Er war bei der Rentnerin mit Beharrlichkeit vorgegangen. Vor dreizehn Jahren hatte er zum ersten Mal bei ihr geklingelt, um einen Staubsauger zu verkaufen. Die Rentnerin nahm tatsächlich ein Gerät und war zufrieden. Kurz danach kam er noch ein paar Mal, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Drei Jahre nach ihrer ersten Begegnung suchte er erneut das „Verkaufsgespräch“. Diesmal aber erzählte er ein Märchen. Er habe sich habe eine Firma gegründet und brauche ein kleines Darlehen, tischte er der Frau auf.

„Er war ein Vertreter, zu dem ich ein Vertrauensverhältnis hatte“, sagte die Hochbetagte später bei der Polizei. Sie gab ihm zunächst etwa 10 000 Euro. Er stellte einen Schuldschein aus. Dann kam er wieder und wieder, schwatzte ihr Geld für ein Handy und für ein Auto ab. Auch als sie im Krankenhaus lag, ließ er nicht locker.

Und er setzte die Frau unter Druck: „Wenn das mit den Schuldscheinen bekannt wird, werden Sie entmündigt.“ Der Angeklagte trieb das Spiel, bis die Ersparnisse der Frau aufgebraucht und sie sich endlich ihrer Familie anvertraute.

„Ich hatte Schulden“, sagte G. gestern vor Gericht aus. Anfang der 90er Jahre habe er sich gedacht, dass er „mal was alleine machen sollte“. Doch sein Verkauf von Rollläden lief nicht. „Firmenmäßig habe ich alles falsch gemacht.“ Also wurde er wieder Vertreter. Mit dem Geld der Rentnerin stopfte er Schuldenlöcher, finanzierte eine recht teure Wohnung und seine Hunde. Das Landgericht verhängte gegen den Betrüger eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Bis zur Ladung zum Strafantritt will G. seinem Beruf treu bleiben: Seit zwei Jahren bietet er an Haustüren Schlösser an. Bislang ohne Beanstandungen, stellte das Gericht fest.

Kerstin Gehrke

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