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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD).

© Corinna Schwanhold/dpa

Steigende Infektionszahlen in Berlin: Michael Müller kündigt Verschärfung der Corona-Regeln an

Vorbild München: Berlins Regierender Bürgermeister will Feiern im Freien eindämmen – notfalls per Alkoholverbot. Doch nicht in allem folgt er den Bayern

Angesichts der steigenden Infektionszahlen in Berlin hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller neue Einschränkungen in Aussicht gestellt. "Jetzt kommt ein konkreter Maßnahmenplan", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin" mit Blick auf die Senatssitzung am kommenden Dienstag.

"Ich gehe davon aus, dass wir tatsächlich auch wieder Einschränkungen vornehmen müssen, bei diesen Feiern vor allen Dingen im öffentlichen Raum, das wird man so nicht zulassen können", erklärte Müller. Dies müsse "gegebenenfalls auch über Alkoholverbote ähnlich wie in München, wie in Bayern", geschehen, "wo man dann in den nächtlichen Stunden unter freiem Himmel auch nicht mehr so feiern darf. Ich glaube, dass das dringend geboten ist."

Zwar sei es oft schwer, den genauen Ort der Ansteckung zu ermitteln, doch gebe es in der Gastronomie nicht dieselbe "Infektionsdynamik" wie bei privaten Feiern, sagte Müller. Bei jungen Erwachsenen, die unter freiem Himmel, in Parkanlagen feierten, gebe es jedoch "eine deutlich stärkere Dynamik der Infektionstätigkeit" als bei jenen, die sich in der Gastronomie an einem Tisch aufhielten und in Kontaktlisten erfasst würden.

Auch wenn in den drei besonders betroffenen Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Neukölln nun verstärkte Kontrollen von Clubs (die unter freiem Himmel Partys organisieren) verabredet wurden, hält Müller insgesamt jedoch wenig von lokalen Maßnahmen. "Das ist sehr, sehr schwer, regional zu reagieren", sagte der Regierende Bürgermeister. "Die Leute bewegen sich ja bezirksübergreifend." Sein Plan: "Wir denken schon daran, dass wir doch für ganz Berlin Maßnahmen auch treffen müssen."

Keine Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen in Berlin

In einem anderen Punkt will Berlin München nicht folgen: bei einer Maskenpflicht im Freien, die ab diesem Donnerstag in der bayerischen Landeshauptstadt an besonders belebten Orten gilt. "Ich glaube, das wird bei uns noch sehr kritisch gesehen, ob das wirklich hilft und ob wir diesen Weg wirklich gehen wollen. Wir werden uns wahrscheinlich eher auf die anderen Maßnahmen beschränken", sagte Müller.

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Eine Maskenpflicht sei vor allem dort wichtig, wo man anderen nicht ausweichen könne, etwa im Einzelhandel oder im Nahverkehr - und dort werde sie ja auch beachtet. "Dass auf großen Plätzen, wo man ausweichen kann, wo man sich nicht so direkt begegnet, auch eine Maskenpflicht herrschen wird, das sehe ich für Berlin noch nicht."

Auf mehr Normalität werden die Berliner in den nächsten Monaten verzichten müssen. "Zumindest werden wir keine weiteren Lockerungen vornehmen", sagte Müller. Eigentlich seien die für Veranstaltungen, Messen oder Kongresse im Herbst angedacht gewesen. Doch in Lichte steigender Infektionszahlen sagte Müller: "Ich sehe keine weiteren Lockerungen und gegebenenfalls eben sogar ein paar Rückschritte bei der Begegnungsmöglichkeit, was die Teilnehmerzahl anbelangt." Auch den Fußballvereinen machte er keine Hoffnungen. Ein Union-Spiel mit 20.000 Fans? "Das geht so nicht, solange wir keinen Impfstoff haben", sagte Müller.

FDP: Das Problem sind unzureichende Kontrollen

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Kluckert, sprach sich gegen neue Beschränkungen aus: „Die bisherigen Regeln reichen vollkommen aus, um die Pandemie einzudämmen, der Senat muss nur endlich die Einhaltung durchsetzen“, teilte er mit. „Wilde Partys, überfüllte Bars, nicht geführte Kontaktlisten in Restaurants - in Berlin kann jeder seit Monaten machen, was er will.“

Auch ein Alkoholverbot helfe nicht, erklärte der Liberale, da Polizei und Ordnungsamt das Einhalten der bestehenden Regeln nicht flächendeckend kontrollierten.

199 Neuinfektionen: Höchster Anstieg seit Anfang April

Laut dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung vom Mittwochabend ist die Zahl der gemeldeten Corona-Fälle in der Hauptstadt innerhalb eines Tages um 199 gestiegen - der höchste Wert seit Anfang April. Wegen der inzwischen erhöhten Testhäufigkeit dürften die Zahlen mit den Werten vom Frühjahr nur bedingt vergleichbar sein.

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Auch in den besonders betroffenen Bezirken zeichnet sich noch keine Entspannung ab: In Friedrichshain-Kreuzberg stieg die Fallzahl pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen mit 51,7 über den kritischen Wert von 50. Mitte steht bei 42,5, Neukölln bei 41,2.

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Die Corona-Ampel zur Bewertung der Lage in der Hauptstadt steht beim Indikator Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen mit einem Wert von inzwischen 26,1 weiter auf Gelb. Ein Wert von 30 war als kritische Schwelle festgelegt worden: Würde er drei Tage in Folge überschritten, spränge diese Ampel auf Rot.

Die Reproduktionszahl, der R-Wert, ist nach Daten vom Mittwoch auf 0,94 gesunken, so dass die entsprechende Ampel nun Grün anzeigt. Ein Infizierter steckt damit im Mittel ungefähr einen anderen Menschen an. Läge der schwankungsanfällige Wert wieder mehr als drei Tage über 1,1 oder 1,2, würde das wieder Gelb oder Rot entsprechen.

Müller: Andere Großstädte stärker betroffen

Der Senat hatte festgelegt, dass Rot bei zwei der drei Kennzahlen Handlungsbedarf bedeutet. Entspannt ist derzeit die Auslastung der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten: 1,4 Prozent. Aber auch hier wird ein verzögerter Anstieg befürchtet, sollten sich wieder mehr ältere Menschen mit Sars-CoV-2 anstecken.

Im Vergleich der Bundesländer weist Berlin nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) die meisten Infizierten im Verhältnis zur Einwohnerzahl in den vergangenen sieben Tagen auf. Im Vergleich mit anderen Großstädten kommen aber etwa München und Köln auf höhere Werte. Das hob auch Müller am Morgen hervor: Im Vergleich der Großstädte liege die Hauptstadt "im unteren Drittel" der Infektionstätigkeit, betonte der Regierende Bürgermeister. (mit dpa)

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