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Berlin: Sterbehilfe: Ein Zuhause für Todgeweihte

Todkrank? Welcher Mensch kommt schon mit so einer Diagnose zurecht.

Todkrank? Welcher Mensch kommt schon mit so einer Diagnose zurecht. Jetzt braucht der Sterbende Hilfe. Von Menschen, die zuhören können, die aufheitern, die einfach nur da sind. Sterben begleiten, heißt das. Und das kann man lernen. In Berlins wachsender Hospiz-Bewegung gibt es mittlerweile viele Einrichtungen, die unentgeltlich ehrenamtliche Sterbebegleiter ausbilden.

Auch im Lazarus-Hospiz im Wedding wird Sterbebegleitung "unterrichtet". Die Kurse leitet Pfarrer Wolfgang Weiß, Chef des Hospizes. In der obersten Etage des Diakoniehauses und Krankenheims hat er eine letzte Herberge für die Todeskandidaten eingerichtet. Hier sollen Sterbende lernen, den Tod anzunehmen. Das Lazarus-Hospiz ist neben dem Ricam-Hospiz in Neukölln die einzige stationäre Sterbestätte in Berlin. Wer hierher kommt, der hat nur noch wenige Tage oder Wochen zu leben. Neben der psychischen Betreuung und der Linderung der Schmerzen wollen der Pfarrer, seine 18 Pfleger und Krankenschwestern und die ehrenamtlichen Helfer den Menschen die letzten Lebenstage möglichst angenehm machen. Wer um sieben Uhr morgens gewaschen werden will, bekommt seinen Willen, genau wie Langschläfer. Im Sommer gibt es auf der weitläufigen Dachterrasse Grillfeste, abends versammeln sich viele "Gäste" im gemütlichen Wohnzimmer.

So sehr das Wort "Patient" verpönt ist, so wenig erinnert die Etage an ein Krankenhaus. Der Flur, von dem die 16 Zimmer abgehen - die Sterbenden dürfen persönliche Möbel hineinstellen - ist zwar lang wie im Krankenhaus. Aber alle paar Meter hat Weiß Korbsesselgruppen arrangieren lassen. Denn der Pfarrer hat herausgefunden, dass die Gespräche über den Tod "eher beiläufig stattfinden". In der Küche oder auf dem Flur wird er oft am Ärmel gezupft: "Ich habe so schlecht geschlafen", klagt einer. "Der Todesengel wollte mich holen kommen."

Einen Kurs pro Jahr bietet Pfarrer Weiß an für Berliner, die ehrenamtlich im Hospiz mithelfen möchten. Der Kurs dauert das ganze Jahr über. "Ich verlange, dass die Teilnehmer viel von sich preisgeben, dass sie über ihr eigenes Verhältnis zum Tod nachdenken. Das ist für viele zu intensiv oder schmerzhaft. Einer springt immer ab", erklärt der Pfarrer. Der Kursleiter vermittelt auch theoretisches Wissen: Gesprächsführungsmodelle, Wissenschaftliches über die Formen der Angst, über Krankheitsbilder sowie grundlegende Pflegebegriffe. Idealkandidaten sind für den Pfarrer Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt schon woanders gefunden haben. Schiffbruch erleiden die, die versuchen, mit der Sterbebegleitung die eigene Angst vor dem Tod zu besiegen, sagt Weiß. "Denn dieser Angst begegnen die Helfer doch tagtäglich im Gespräch mit den Patienten. Abwehr hilft den Sterbenden nicht."

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