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Berlin: Steuerreform: Ex-Finanzsenatorin Fugmann-Heesing: "Berlin sollte seine starke Position nutzen"

"Berlin sollte der Steuerreform am Freitag im Bundesrat zustimmen, weil damit der Wirtschaftsstandort vorangebracht und für die Finanzsituation des Landes etwas getan werden könnte." Das Plädoyer stammt von der ehemaligen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), die im Gespräch mit dem Tagesspiegel gestern davor warnte, auf eine zweite Vermittlungsrunde im September zu warten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

"Berlin sollte der Steuerreform am Freitag im Bundesrat zustimmen, weil damit der Wirtschaftsstandort vorangebracht und für die Finanzsituation des Landes etwas getan werden könnte." Das Plädoyer stammt von der ehemaligen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), die im Gespräch mit dem Tagesspiegel gestern davor warnte, auf eine zweite Vermittlungsrunde im September zu warten. "Dann werden Bayern, Baden-Württemberg und Hessen den Verhandlungen ihren Stempel aufdrücken." Die Interessenlage Bayerns sei aber nicht identisch mit der Interessenlage Berlins. Nur bis zum Freitag gebe es eine Chance, in Verhandlungen mit dem Bund eigene Interessen erfolgreich durchzusetzen. "Diese Chance darf man nicht vertun."

Fugmann-Heesing denkt dabei an die Kulturförderung, die Kosten der hauptstädtischen Sicherheit, an wichtige Investitionsvorhaben. "Wir haben jetzt eine Situation, wo man den Hauptstadtfinanzierungsvertrag zu einem optimalen Ergebnis für Berlin aushandeln könnte." Es müsse darum gehen, mittel- und langfristig finanzielle Garantien für Berlin zu erreichen. Das bringe der Stadt viel mehr als jene Korrekturen am Steuerpaket des Bundes, die der Regierende Bürgermeister "nicht aus wirtschafts-, sondern aus parteipolitischem Interesse haben will." Aber das "Zeitfenster" sei klein. "Die Steuerreform kommt, so oder so, und Berlin wäre dumm, die augenblicklich starke Position gegenüber dem Bund bis Freitag nicht zu nutzen."

In eine so konfortable Lage, sagte Fugmann-Heesing, werde die Stadt in absehbarer Zeit nicht wieder kommen. Jetzt sei die Bundesregierung auf die Zustimmung der kleinen Länder angewiesen. "Das gilt für Bremen und Brandenburg genauso wie für Berlin." In allen Landesregierungen werde heftig über die Frage diskutiert: Wie erreichen wir das Optimum für unser Land. Die Kritik Diepgens und seiner CDU, der in Berlin besonders stark vertretene Mittelstand werde durch die Steuerreform nicht ausreichend entlastet, ließ die Ex-Senatorin nicht gelten. "Da werden Nebel geworfen." Bis zu 160 000 Mark Einkünften würden Personengesellschaften in jedem Fall besser gestellt als Kapitalgesellschaften. Auch in Berlin werde die Steuerreform dem Mittelstand Fortschritte bringen, den vor zwei Jahren niemand zu erhoffen gewagt hätte. Zusätzliche "Mittelstandskomponenten" enthalte der Entwuf der Bundesregierung in beachtlichem Umfang. "Gleichzeitig wird die Stadt interessanter für ausländische Investoren."

Die Forderung der Bundes-CDU nach einer weiteren Senkung des Spitzensteuersatzes hält Fugmann-Heesing für finanziell nicht verkraftbar. Im Ergebnis sei mit einer Verdoppelung jener Steuerausfälle zu rechnen, die schon der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit sich bringe. Für Berlin hieße das voraussichtlich: Mindereinnahmen von mindestens 2,4 statt 1,2 Milliarden Mark. Außerdem würden die Geberländer versuchen, die zusätzlichen Lasten auf die Nehmerländer abzuwälzen. "Das würde auch die Position Berlins in den Verhandlungen zur Reform des Länderfinanzausgleichs erschweren." Die vorliegende Steuerreform sei auch haushaltspolitisch die beste Lösung. Die Haltung des Finanzsenators Kurth, der die Steuerausfälle für Berlin minimieren wolle, sei vernünftig.

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