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Berlin: Steuerzahler wie alle anderen auch

Ilona Häusler, Bearbeiterin in der Grundsteuerbewertungsstelle, Finanzamt Mitte-Tiergarten.

Anfang Dezember haben die Kolleginnen ihren Weihnachtsschmuck aus den Schubladen geholt. Auch Ilona Häusler hat ihre Birkenfeige mit roten Kugeln und Strohstern geschmückt. „Wenn ich schon täglich acht bis zehn Stunden hier sitze, möchte ich mich auch wohlfühlen“, sagt die 55-Jährige. In den Fluren und Arbeitszimmern riecht es nach Akten, Kaffee und Spekulatius. „Weihnachten im Finanzamt Mitte-Tiergarten ist weiblich,“ sagt ein Kollege, der sich gern am Gebäckteller bedient. Daneben stapeln sich die Akten der säumigen Steuerbürger.

Den Weihnachtsfrieden, den es in Brandenburg noch gibt, hat man in Berlin vor 15 Jahren abgeschafft. „Nicht mehr zeitgemäß“, sagt Sachgebietsleiterin Eva Sauer ihrem Büro. Wo sollte man dann die Grenze ziehen? Wenn jemand am 3. Januar Geburtstag hat, will er auch keine Pfändung zugestellt bekommen. „Man hat genug Gelegenheit, eine Pfändung abzuwenden. Auch für uns ist es angenehmer, nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen.“

Frau Sauer vermisst eine gewisse Wertschätzung ihrer Arbeit – sowohl vom Bürger als auch vom Dienstherrn. „Wir erfüllen unseren Auftrag zum Wohl der Allgemeinheit, doch oft wird einem das persönlich übel genommen. Dabei sind wir doch Steuerzahler wie alle anderen auch.“ Ihr Amt sei bürgerfreundlich: „Man kann zu uns kommen, wenn man ein Problem hat!“ Doch das Blutsauger-Image hat sich gehalten. „Oh ja, und wir fressen auch kleine Kinder!“, bestärkt der Kollege aus dem Nebenzimmer lachend.

„Die Tage zwischen Weihnachten und Silvester sind im Finanzamt die Hölle,“ sagt er. Dann kommt regelmäßig ein Schwung Steuererklärungen von denen, die glauben, dass zum Jahresende eine Frist abläuft. In diesem Glauben lassen die Beamten ihre Steuerbürger gern, damit sie überhaupt mal ihre Sachen abgeben.

Geschenke von dankbaren Bürgern sind dagegen heikel. Ein Strampelanzug, den eine schwangere Sachbearbeiterin überreicht bekam, musste zurückgeschickt werden. Eine ältere Dame legte gar ihren Goldschmuck auf den Schreibtisch der zuständigen Bearbeiterin und sagte: „Die Kette würde Ihnen doch gut stehen!“ Doch mehr als die fälligen Steuern möchte man nicht haben. Amtsleiter Konrad Werpuschinski hat das passende Bibelwort parat: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist.“

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