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Bisher eine gigantische Freifläche: Das Tempelhofer Feld.

© imago/Markus Heine

Stimmungsumschwung: Zwei Drittel der Berliner sind für Randbebauung des Tempelhofer Feldes

Soll das Tempelhofer Feld doch bebaut werden? Angesichts der Wohnungsnot haben laut einer Tagesspiegel-Umfrage einige Berliner ihre Meinung geändert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Rund 65 Prozent der Berliner fänden es gut, wenn auf dem Rand des Tempelhofer Feldes neue Wohnungen gebaut würden. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Instituts Civey im Auftrag des Tagesspiegel. Gegen eine Bebauung sprechen sich 27 Prozent der Befragten aus, unentschieden sind 8 Prozent.

Eine klare Mehrheit für die Randbebauung findet sich bei den Anhängern aller Parteien, die im Abgeordnetenhaus vertreten sind. Bei den Wählern von CDU und FDP sind es 80 Prozent, bei den Anhängern der SPD 75 Prozent. Im AfD-Lager bewerten 60 Prozent eine Wohnbebauung am Tempelhofer Feld positiv, bei den Sympathisanten von Grünen und Linken sind es immerhin noch 58 Prozent.

Überraschend ist, dass die Zustimmung zu einer Randbebauung mit dem Einkommen und der Ausbildung wächst. 70 Prozent der Berliner mit hoher Kaufkraft und 71 Prozent der Befragten, die Abitur haben, finden den Vorschlag gut. Bei den Selbstständigen und leitenden Angestellten sind es sogar 77 Prozent.

Seit dem erfolgreichen Volksentscheid vom 25. Mai 2014 ist eine Bebauung des 355 Hektar großen Areals gesetzlich verboten. Seitdem steht das ehemalige Flughafengelände der Öffentlichkeit „in seiner Gesamtheit und ohne dauerhafte Einschränkung“ zur Verfügung. Das Tempelhofer Feld soll der Freizeit und Erholung dienen und wird in seiner Funktion als innerstädtische Frischluftschneise und als „Lebensraum für Pflanzen und Tiere“ geschützt.

Dafür sprachen sich bei der Volksabstimmung 64,3 Prozent der Teilnehmer aus. Ein alternativer Gesetzentwurf des Landesparlaments, der eine „Randbebauung für Wohnen, Wirtschaft, Erholung, Freizeit und Sport“ erlauben wollte, wurde damals abgelehnt. Jetzt kehren sich die Mehrheitsverhältnisse offenbar um.

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Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Wohnungsnot und die zunehmend schwierige Suche nach freiem Bauland bei den Berlinern ein Umdenken bewirkt hat. Trotzdem gilt es als unwahrscheinlich, dass das Gesetz „zum Erhalt des Tempelhofer Feldes“ noch vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 angetastet wird. Die Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und AfD unterstützen eine Randbebauung, aber sie sind in der Minderheit.

Die Sozialdemokraten haben sich zwar auf einem Landesparteitag im November 2018 für eine behutsame Bebauung ausgesprochen, wollen aber vorher eine neue Volksabstimmung. Die Koalitionspartner Linke und Grüne lehnen eine Randbebauung bisher rundweg ab. Deshalb sieht es so aus, als wenn sich erst die nächste Landesregierung damit befassen wird, auch wenn die Berliner jetzt schon mehrheitlich dahinterstehen.Tpelhofer Feld

Tempelhofer Feld: Eine neue Abstimmung ist nicht in Sicht

Es ist auch völlig unklar, wer ein neues Volksbegehren zum strittigen Thema in Gang bringen könnte. Die SPD schlägt als Alternative eine „fakultative Volksbefragung“ vor, die das Abgeordnetenhaus organisieren könnte. Doch ein solches Instrument müsste erst in der Berliner Verfassung verankert werden.

Drei SPD-Funktionäre schlugen kürzlich im Tagesspiegel vor, für eine „sozialverträgliche“ Randbebauung des Feldes einen Ideenwettbewerb auszuloben und zeitgleich mit der nächsten Berliner Wahl den Bürgern zur Abstimmung vorzulegen. Der Verein „100 Prozent Tempelhofer Feld“, der vor fünf Jahren den Volksentscheid ins Leben rief, lehnt eine Bebauung der Fläche kategorisch ab. Die Abkehr vom Tempelhof-Gesetz würde das Vertrauen der Berliner Bürger in die Politik und Demokratie beschädigen.

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