zum Hauptinhalt

Strandbad Wannsee: Bei Schnee und Eis: Hartgesottene baden am Karfreitag an

Es reicht wirklich, Schluss, aus, vorbei: Jetzt ist Früh-lings-be-ginn! Das dachten sich auch eine handvoll hart gesottene Berliner, und badeten am Freitag im Strandbad Wannsee an.

Dicke Schneeflocken fallen vom nebeligen Himmel, als Manfred Schanowski am Strandbad Wannsee fest entschlossen in Richtung Wasser läuft. Warum? Im Strandbad Wannsee beginnt traditionell Ostern die Saison, und so geht es auch im Pseudofrühling 2013 pünktlich am Karfreitag um 10 Uhr los. Und daran ändert auch der nicht enden wollende Winter nichts.

Seit Jahren nimmt Manfred Schanowski aus Schöneberg an dieser Tradition teil. Es geht ihm um den Spaßfaktor. Nach ein paar Zügen kommt der 50-Jährige aber schnell wieder aus dem Wasser, zieht sich sein T-Shirt mit der Aufschrift "Oceanside" über und nimmt ein paar Schluck Kamillentee, den er sich wohlweißlich mitgebracht hat. "Die Fingerspitzen und Füße sind schon ein bisschen frisch geworden", erklärt Schanowski bibbernd aber gut gelaunt.

Nur eine handvoll Berliner sind genauso hart gesotten wie der 50-Jährige und trauen sich wie Schanowski ins Wasser. Dabei sei es gar nicht so schwer, sich in die eisigen Wellen zu schmeißen: "Einfach nicht zögern", so Schanowskis banaler aber scheinbar effektiver Tipp.

Der Amerikaner Robert Aldreti aus Los Angeles kann da nur ungläubig zuschauen - und das, obwohl er bereits im Ural am Eisbaden teilgenommen hat. "Mir ist schon das Gehirn eingefroren", erklärt Aldreti und schießt weiter Fotos vom winterlichen Getümmel.

Statt massenweiße Anbadern sind auf den Bildern mehrheitlich Fotos von dick eingemummelten Menschen zu sehen, die sich mit einem Spaziergang zufrieden geben, bei dem der Schnee laut unter den Füßen knirscht. Viele haben sich in der Gaststätte versammelt, wo Glühwein, Grog und Lumumba ausgeschenkt werden. Ein paar Kinder werfen Schneebälle durch die Luft - dicht vorbei an einem knapp zwei Meter großen Schneehase mit Hasenohren und Stummelschwänzchen. Zwischen den Strandkörben stehend blickt der auf Wasser hinaus - wo gerade ein Tretboot durch den Nebel fährt.

Bereits am Donnerstag setzten sich zehn Mitarbeiter im Strandbad die Wollmützen auf und streifen die Handschuhe über, um den Schnee zu schippen. „Eis und Schnee kriegen wir nicht überall weg, aber wir haben die Wege zum Wasser freigeschaufelt“, sagt Axel Ott, Badebetriebsleiter in Europas größtem Binnenseebad, und lässt seinen Blick über die Strandkörbe mit Schneehaube schweifen. Immerhin bietet die Havel satte drei Grad Wassertemperatur. So frisch ist auch die Luft am Anbadetag.

Ach, seufzen Stammgäste, und erinnern sich an Karfreitag 2011. Der fiel auf den 22. April, und da holten sich die Berliner am Wannsee bei 24 Grad einen Sonnenbrand. In diesem Jahr aber ist alles anders, denn Forschern zufolge verändern sich wegen der globalen Erwärmung und des fehlenden Eises auch die Luftdruckgebiete über dem Atlantik. So spielt das Wetter verrückt, und auch in Berlin ist deswegen jetzt immer noch nichts mit Badehose einpacken. Oder doch? „Wir haben immer Leute bei uns, die tatsächlich ins Wasser gehen, schon alleine, weil jeder dann eine Saunafreikarte bekommt“, sagt Strandbad-Wannsee-Chef Axel Ott. So eine Karte braucht man derzeit aber auch dringend.

Pünktlich zum Anbadetag schneit es am Freitag noch mal, das wäre doch eigentlich was für einen Schneeballschlacht-Flashmob im Strandbad, denkt man da so bei sich. Der Eintritt ins Schneebad ist jedenfalls Ostern frei. Und wer sich in einem Strandkorb im mitgebrachten Schlafsack einmummeln und Glühwein trinken will, der zahlt für die Ausleihe auch noch nichts. Jedes Kind erhält am Eingang ein Überraschungsei, und in den Restaurantbuden bekommt man immerhin heißen Kaffee und Tee.

Karfreitag vor zwei Jahren räkelten sich die Berliner noch bei 24,3 Grad in der Sonne, und selbst die Mitarbeiter des Strandbades Wannsee gingen bei 16 Grad ins Wasser, erinnert sich Axel Ott. Und Ostersonntag – der fiel 2011 sehr spät auf den 24. April – gab es schon frühsommerliche 21,6 Grad.

Vergangenes Jahr war es Karfreitag am 6. April mit 9,7 Grad in Dahlem deutlich frischer, guckt Meteorologe Simon Trippler vom Deutschen Wetterdienst im Computerarchiv nach. Dann wurde es von Tag zu Tag wärmer, Dienstag nach Ostern 2012 zeigten die Thermometer in Dahlem 18,4 Grad an.

Und dieses Jahr? Meteorologe Trippler schaut auf den Bildschirm. „Sonnabend drei, Sonntag vier, Montag fünf Grad, es geht langsam aufwärts – man freut sich ja schon über Kleinigkeiten.“ Nachts gebe es aber noch leichten Frost, also nichts mit schon mal Pflanzen rausstellen auf Balkon oder Terrasse. Stattdessen sollten die Berliner Eimer und Lappen bereithalten, denn wenn es irgendwann dann doch mal taut, könnte das Wasser hier und da Überschwemmungen verursachen. Immerhin ist die Havel an den Rändern nicht gefroren, da liegt statt Eis nur Schnee. Wer Ostereier versteckt, sollte in diesem Jahr jedenfalls besser keine weißen wählen.

Strandbad Wannsee, Wannseebadweg 25, Karfreitag, Ostersonnabend und -sonntag 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false