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Potsdams Landtagsneubau. Wegen unbezahlter Rechnungen für Arbeiten am Schloss hat die Sächsische Sandsteinwerke GmbH Insolvenz beantragt. Verhandlungen über offene Zahlungen von 1,9 Millionen Euro sind gescheitert, teilte das Unternehmen mit. Immerhin, in wenigen Tagen soll es auf der Baustelle weitergehen. Foto: dapd/Klaus-Dietmar Gabbert

© dapd

Berlin: Streit hinter der Schlossfassade

Die Baufirma ist pleite, und der Auftraggeber will nicht schuld sein. Doch eine gute Nachricht gibt es.

Potsdam - Die Tradition der Firma reicht bis 1896 zurück, sie hat zwei Weltkriege überlebt, die Dresdner Frauenkirche mit aufgebaut: Doch nach einem Großauftrag aus Brandenburg, nämlich für die von Hasso Plattner gestiftete Knobelsdorffsche Fassade beim Aufbau des  Landtagsschlosses in Potsdam, sind die Sächsischen Sandsteinwerke Pirna jetzt pleite. Der Fall sorgte am Freitag für Erschütterungen, wechselseitige Schuldzuweisungen und Unruhe wegen möglicher Auswirkungen für die Fertigstellung des Landtages, die bereits von Ende 2013 auf Frühjahr 2014 verschoben wurde.

Erstmals meldete sich die als Generalunternehmerin vom Land mit dem Prestigeprojekt beauftragte BAM Deutschland AG selbst zu Wort. In einer Erklärung schloss die BAM ausdrücklich weitere Verzögerungen beim Schlossprojekt wegen der Insolvenz und der Kündigung des Auftrages aus. Man habe aber „bereits Vorkehr getroffen, um die Arbeiten an der Fassade bereits in wenigen Tagen fortzusetzen“, hieß es. Vor allem wies die BAM jedwede Verantwortung für das eingeleitete Insolvenzverfahren der Sächsischen Sandsteinwerke zurück, die die Zahlungsunfähigkeit mit von der BAM nicht bezahlten Rechnungen über 1,9 Millionen Euro für erbrachte Arbeiten an der Potsdamer Schlossfassade begründet hatte. „Behauptungen über angebliche Zahlungsrückstände beim Bauvorhaben Landtag Potsdam sind unzutreffend und entbehren jeglicher Grundlage“, erklärte die BAM. Man habe vielmehr erhebliche Zugeständnisse gemacht. Die Fassadenfirma sei schon länger nicht in der Lage gewesen, die Bauarbeiten „vertragsgemäß“ fortzuführen.

Dem widersprach der Insolvenzanwalt Helgi Heumann, der seit kurzem in Pirna die Geschäfte führt und bereits ins Schlingern geratene Firmen wie die Uhrenfabrik Mühle-Glashütte und Pulsnitzer Lebkuchenfabrik GmbH saniert hatte. Heumann bestritt nicht, dass sich seine Vorgänger mit dem Potsdamer Schlossauftrag „verkalkuliert“ haben. Dennoch blieb er dabei, dass das Geschäftsgebaren der BAM für die Zahlungsunfähigkeit verantwortlich sei: Er habe der BAM einen Weg vorgeschlagen, bis zum 30. Juni 2013 die Fassade „zum Selbstkostenpreis“ fertigzustellen: Doch die BAM sei nicht bereit gewesen, dies mit einer Reduzierung der unverhältnismäßig hohen Einbehalte bei fälligen Rechnungen und einer Erhöhung des Auftragsvolumens um knapp eine halbe Million Euro wegen Mehrkosten durch Bau-Verzögerungen zu ermöglichen. „Stattdessen hat die BAM die Möglichkeit von Einbehalten bis zum Anschlag ausgenutzt“, sagte er. So seien wegen „Moosbewuchs und anderen Kleinmängeln“ insgesamt rund 360 000 Euro nicht pünktlich bezahlt worden. Nach Angaben aus Pirna sind vom 16,7-Millionen-Auftrag bereits Leistungen für 11,4 Millionen Euro erbracht.

Dass es ausgerechnet um die von Plattner gespendete Fassade diese Erschütterungen gibt, sorgt beim Mäzen selbst und Brandenburgs Politik für Unverständnis. Doch die Summe liegt noch beim Land, ist nicht geflossen, bestätigt das Finanzministerium. „Die 20 Millionen Euro von Hasso Plattner sind bislang noch angelegt.“ Hintergrund ist, dass der Landtag in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) errichtet wird, bei der der Parlamentssitz 30 Jahre lang von der BAM gemietet wird. Für die Fassaden-Spende gibt es eine Ausnahmeklausel. Die Summe wird „nach Fertigstellung des Gebäudes als Einmalzahlung überwiesen“, hieß es. Das Finanzministerium sieht sich nicht in der Pflicht, in den Konflikt zwischen BAM und Sandsteinwerken einzugreifen. Trotzdem hat der Fall ein Nachspiel im Landtag. Thorsten Metzner

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