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Nichtraucherbank

© Kristina Wollseifen

Streit in Prenzlauer Berg: „Ich bin eine Nichtraucherbank – Danke“

Der Prenzlauer Berg ist bekannt für Spätzleattacken und haufenweise Kinderwagen, die die Gehwege versperren. Seit Neustem zieht nun auch noch eine "Nichtraucherbank" den Zorn der Bewohner auf sich.

Die grau gestrichene Bank steht direkt an einer Häuserfassade, zwischen einem kleinen Bäumchen im Topf und dem Eingang zu einem Fotoatelier. Völlig unscheinbar, wäre da nicht der kleine Spruch auf der obersten Latte der Rückenlehne: „Ich bin eine Nichtraucherbank – Danke“. Das hat ihre Besitzerin, Heidi Scherm, in etwas krakeligen Großbuchstaben daraufgepinselt – und damit ganz schön viel Ärger bekommen.

„Einer meiner Nachbarn hat mich wegen dem Spruch persönlich angegriffen“, sagt die Inhaberin eines Fotoateliers an der Hufelandstraße in Prenzlauer Berg. Er wolle jetzt erst recht auf der Bank rauchen und redet nicht mehr mit ihr. Beide gehen sich aus dem Weg. Aber auch einige Unbekannte fühlten sich provoziert – vier Schmierereien wie „Paul was here and smoked“ musste sie in letzter Zeit wegmachen. In den fünf Jahren, die die Bank schon vor ihrem Geschäft steht, hat nie jemand etwas daraufgekritzelt.

Die zornigen Reaktionen haben sie überrascht, aber nicht eingeschüchtert. „Die Bank ist immer noch für alle gedacht, die hier gerne sitzen wollen“, sagt die 41-Jährige betont herzlich. „Mich haben nur die Kippen gestört, die immer davor lagen. Die wollte ich nicht mehr wegräumen.“ Auch der Rauch, der bei geöffnetem Fenster in die Räume zog, war ihr unangenehm. Spontan pinselte sie so den „liebevoll-charmanten Spruch“, wie sie sagt, auf die umstrittene Bank.

Darf nun etwa auch auf öffentlichen Bänken nicht mehr geraucht werden? Nachdem schon in den meisten Bundesländern Rauchverbote in Kneipen und Festzelten erlassen wurden und selbst die eigene Wohnung oder der Balkon als Ort für eine Zigarettenpause nicht mehr ganz sicher sind? Heidi Scherm war gar nicht bewusst, wie sehr ihre Aktion in die aktuelle Raucherdebatte greift. „Ich wollte nicht politisch korrekt auftreten oder jemanden erziehen“, sagt die Fotografin. „Ich habe keine Probleme mit Rauchern. Nur mit dem Abfall, den sie hinterlassen.“ Immerhin steht fünf Meter weiter ein Mülleimer.

Spannend fand sie, wie schnell sich Menschen, die sich gar nicht kennen, als Raucher oder Nichtraucher solidarisierten. Noch steht der Spruch auf der Bank – aber schon bald soll sie wieder ganz neutral in Grau gestrichen werden. Ohne Hinweis. Ohne Sprüche. Ohne Ärger. Ohne Danke.

Kristina Wollseifen

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