zum Hauptinhalt
Auch schön. Das Ufer der Spree haben die Berliner in den vergangenen Jahren entdeckt. Aber an einen Sprung ins dreckige Wasser ist nicht zu denken.

© pa/dpa

Streit um Bauanlagen: Vorzeigeprojekt für saubere Spree vor dem Aus

Die Idee war verlockend: Ein Erfinder wollte das Spreewasser wieder so sauber machen, dass man darin baden kann. Schon seit 2004 laufen die Planungen. Doch jetzt droht das Aus.

Es ist das Vorzeigeprojekt des Senats im deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Schanghai. Doch nun droht die Umsetzung daheim in Berlin zu scheitern. Dabei ist das Projekt „Spree 2011“ ziemlich interessant: Eine sauberere Spree, in der man baden kann und in der künstliche Inseln schwimmen. Das wäre möglich durch Bau einiger Behälter im Wasser. Diese sollten dreckiges Wasser, das bei starkem Regen aus der Kanalisation überläuft, auffangen – und es wieder zurückleiten, wenn der Starkregen vorbei und somit genug Platz in der Kanalisation ist. Auf diese Inseln sollten Cafés und Grünanlagen kommen. Ist bis Ende dieses Monats allerdings keine Lösung da, werden bereits zugesagte Fördermittel vermutlich gestrichen.

Die Technik ist längst fertig, seit anderthalb Jahren wollen Erfinder Ralf Steeg und seine Firma Luri Watersystems eine Pilotanlage in den Osthafen bauen. In einer zweijährigen Probephase soll sie optimiert werden, um danach 13 weitere dieser Regenüberlaufbecken zwischen der Mühlendammschleuse neben der Jannowitzbrücke im Westen und Elsenbrücke im Osten ins Wasser zu setzen. So viele Rohre leiten Dreckwasser in die Spree, wenn die Kanalisation bei starkem Regen überlauft. Das ist laut Steeg 28-mal im Jahr der Fall. Mit den Anlagen hätte die Spree „Badewasserqualität“, sagt Steeg.

Bauen kann er jedoch nicht. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) als Eigentümerin des Geländes in der Stralauer Allee 5, wo ein geeignetes Rohr in die Spree läuft und die Insel hin soll, verweigert ihre Zustimmung. Streitpunkte sind die Bebauung der Anlage und deren Rückbau nach der Testphase. Die Behala, die das brachliegende Areal verkaufen möchte, will den Bau nur erlauben, wenn das Becken fast unsichtbar unter der Wasseroberfläche dümpelt und nicht bebaut wird. Der Zugang zum Ponton befinde sich auf dem Grundstück. „Für uns stellt das eine Wertminderung dar“, sagt Geschäftsführer Peter Stäblein. Erfinder Steeg aber plant ein Café und einen Solarbootverleih, um den Eigenanteil zu refinanzieren. Denn die Förderung des Bundesforschungsministeriums decke nur 646 000 Euro der Kosten für die Pilotanlage von 860 000 Euro. Das Geld fließt erst, wenn mit der Behala alles geklärt ist. Die restlichen Fördergelder in Höhe von einer Million Euro gingen bereits an die Technische Universität, die an der Forschung beteiligt ist. Addiert geht es also um ein Projekt von knapp zwei Millionen Euro.

Die Behala fordert außerdem einen Abbau der Anlage nach der Probezeit. Das kommt für Steeg nicht infrage. Abgesehen von den Kosten für den Rückbau von 150 000 Euro glaubt er, das Projekt dann nicht mehr verkaufen zu können. „Dann könnte man die Erfindung nicht exportieren. Das versteht ja keiner, dass eine funktionierende Anlage wieder abgebaut wird“, sagt er. Mehrere deutsche Städte hätten bereits angefragt, wollten jedoch die Ergebnisse der ersten Anlage abwarten. Steeg hätte die Insel auch vor das momentan unbebaute Nachbargrundstück legen können, doch dessen Eigentümer Hochtief verweigerte dies ebenso. Steeg sagt: „Das ist irrsinnig. Da werden wir bestraft, dass wir zwei Millionen nach Berlin holen und die Spree säubern wollen.“ Das Projekt „Spree 2011“ habe bisher 15 Arbeitsplätze geschaffen.

Nur langsam kommt Bewegung in den Fall. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft setzt sich für das Projekt ein, teilte sie gestern mit, will aber nur Pontons ohne Café – und auch nur für zwei Jahre. Aus der Senatsverwaltung für Umwelt heißt es, man beobachte das Projekt und stehe ihm „aufgeschlossen gegenüber“. Es sei aber nur eines von mehreren Elementen zur Verbesserung der Wasserqualität.

Einen Standortwechsel lehnt Steeg ab, auch auf die Aufbauten für Cafés will er nicht verzichten. Keine Chance hatte auch sein Vorschlag, die eigenen Büros auf dem Ponton zu errichten. Alle bisherigen Planungen betreffen das Behala- Areal. Eine Studie von 2004 sieht für die Pilotanlage ebenfalls keinen anderen Platz als den Osthafen. In der Studie heißt es, dass zwischen Mühlendammschleuse und der Schleuse am Landwehrkanal die Fahrrinne der Schiffe bis an die Ufer gehe. Deswegen sei für das Schifffahrtsamt „die Genehmigung aus Platzgründen aufgrund der Beeinträchtigung der Schifffahrt gegenwärtig nicht genehmigungsfähig“.

Für einen neuen Standort sind laut Steeg Forschungen von mehr als 100 000 Euro nötig. Zudem würde in diesem Fall das Bundesministerium für Bildung und Forschung die übrigen Fördergelder streichen. Das Ministerium selbst will vor Monatsende keine Aussagen zu dem Fall machen. Dann, am 25. Oktober, soll es ein Krisentreffen geben. Sollte es dann keine Einigung geben, würden Steeg die Mittel gestrichen – ein entsprechendes Schreiben liegt ihm vor.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false