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Neuer Standort. Das Theaterhaus Mitte will in Schöneweide weitere Probenräume anbieten.

© Thomas Loy

Streit um ehemalige Schauspielschule Ernst-Busch: Großes Theater ums Theater

Das Theaterhaus Mitte will einen Standort in Niederschöneweide eröffnen. Doch es gibt andere Interessenten. Heute Abend treffen die Kontrahenten aufeinander.

Die Lage sei „nicht unproblematisch“, sagt Christoff Bleidt vom Theaterhaus Mitte. Von Mitte aus betrachtet liegt Schöneweide nicht nur weit draußen, sondern auch in einer darstellerisch kaum aktiven Zone. Bleidt und seine Kollegen möchten die ehemalige Schauspielschule Ernst Busch in Niederschöneweide zum zweiten Standort ausbauen, weil das Theaterhaus in Mitte längst an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist. Doch sie sind nicht die einzigen, die das Haus gern mit Kultur füllen würden.

Im Theaterhaus an der Wallstraße können freie Gruppen, Sänger, Tänzer und Komiker Probenräume mieten. 3000 Künstler sind als Nutzer gelistet, darunter Bodo Wartke, die Geschwister Pfister und bekannte Schauspieler. Sie können Räume und Technik ab drei Euro pro Stunde mieten – eine wichtige Institution, weil private Räume kaum noch bezahlbar sind.

Das Haus wird jährlich mit 250 000 Euro vom Kultursenat gefördert. Mit der neuen Dependance in Schöneweide wären 36 zusätzliche Probenräume möglich. Gruppen könnten länger bleiben, sagt Bleidt, und der Aufnahmestopp beendet werden.

Auch die freie Szene bekundet starkes Interesse

Nach internen Querelen innerhalb des Senats gehört das Haus jetzt der Senatsverwaltung für Kultur, die es der Initiative Förderband überlassen will, die auch das Kulturhaus Mitte betreibt. Gegründet wurde Förderband von ostdeutschen Künstlern im Herbst 1989, um eine unabhängige Kulturszene aufzubauen.

„Das Förderband wurde wegen seiner jahrelangen Expertise mit dem Theaterhaus Mitte beauftragt“, sagt ein Sprecher von Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Die Entscheidung sei in der Verwaltung gefallen, ohne die Freie Szene zu beteiligen. Und die bekundet ebenfalls starkes Interesse an dem Haus – etwa das Nie-Kollektiv aus Neukölln und das Theater des Ostens.

Das Nie-Kollektiv besteht aus 70 Leuten, die einen Keller an der Karl-Marx- Straße gemietet haben, dort aber wegen einer drohenden Mieterhöhung keine Perspektive sehen. „Wir möchten ein richtiges Theater mit Ensemble und regelmäßigem Spielbetrieb aufmachen“, sagt Sprecher Hendrik Anders. Nebenbei könnten auch Probenräume vermietet werden.

Besetzung des Schauspielhauses in Schöneweide war geplant

Ganz so konziliant klingen die Beiträge auf der Internetseite des Kollektivs nicht: „Unsere Inszenierung und auch das Theater, welches wir eröffnen werden, haben zum Inhalt, eine neue Form der Vergesellschaftung und der demokratischen Produktion zu erproben.“ Das Nie-Kollektiv gehörte zu den Gruppen, die die Volksbühne wochenlang besetzt hielten als Protest gegen Chris Dercon.

Ende März wollte das Kollektiv in einer als Theater-Performance getarnten Aktion das Schauspielhaus in Schöneweide besetzen, doch die Polizei versperrte ihm den Weg, so bog das Kollektiv kurzerhand im gecharterten Flixbus nach Karlshorst ab, wo das ehemalige „Haus der Offiziere“ kurz in Beschlag genommen wurde.

Ein Theater in Schöneweide könnte nach den Worten von Nie-Sprecher Anders die „unterschiedlichen Lebenswelten“ der Bewohner in Schöneweide thematisieren und damit ein „gesellschaftliches Band“ knüpfen, zwischen zugezogenen Künstlern, Studenten und alteingesessenen Bewohnern aus der Industrie-Ära, die Anfang der 90er Jahre weitgehend verschwunden ist.

Theaterbetrieb wäre an strenge Lärmschutzauflagen gebunden

Allerdings wäre ein Theaterbetrieb an strenge Lärmschutzauflagen gebunden, denn das Gebäude, aus dem die Ernst-Busch-Schule im vergangenen Sommer ausgezogen ist, liegt in einem Wohngebiet. Und das 1980 errichtete Gebäude an der Schnellerstraße 104 ist komplett marode und muss grundsaniert werden.

Die Berliner Immobilienmanagement (BIM) hat ein Schadstoffgutachten in Auftrag gegeben, wegen asbesthaltiger Bauteile. Kosten und Zeitplan der Sanierung sind offen – „so schnell wie möglich“, sagt Lederers Sprecher.

In Treptow-Köpenick werden die Theaterleute als Bereicherung empfunden. Die Bezirksverordneten sprachen sich Anfang April dafür aus, in dem Haus auch „öffentliche Präsentationsmöglichkeiten für Kunst und Kultur“ zu schaffen und dabei mit Institutionen im Bezirk und den Anwohnern zu kooperieren.

In der neuen Ernst-Busch-Schauspielschule, Zinnowitzer Straße 11 in Mitte, diskutieren am heutigen Sonntag, 19 Uhr, Staatssekretär für Kultur, Torsten Wöhlert, und Vertreter vom Theaterhaus und des Nie-Kollektivs.

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