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Die Suche um einen Nachfolger für Hartmut Mehdorn zieht sich weiter hin.

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Update

Streit um Nachfolge für Hartmut Mehdorn: Berlin erwägt, BER-Aufsichtsratssitzung platzen zu lassen

Eigentlich wollte der BER-Aufsichtsrat am Freitag in einer Sondersitzung einen Nachfolger für Flughafenchef Hartmut Mehdorn bestimmen. Das droht jetzt auszufallen, weil sich Berlin, Brandenburg und der Bund nicht einigen können.

Der Konflikt um die Nachfolge Hartmut Mehdorns als Chef des Berliner Flughafens BER spitzt sich weiter zu. Nach einer Sitzung des BER-Präsidialausschusses, der am Montagabend getagt hatte, erwägt der Berliner Senat eine Verschiebung der eigentlich für diesen Freitag geplanten Aufsichtsratssitzung. "Berlin behält sich vor, die Sitzung abzusagen, wenn es keine Entscheidungsreife gibt", sagte Senatssprecherin Daniele Augenstein auf Nachfrage bei der Senatspressekonferenz am Dienstag.

Die Nachfolge für den scheidenden BER-Chef Hartmut Mehdorn sei "der Haupt-Tagesordnungspunkt" der Sitzung, die eigentlich für Freitag, 14 Uhr, geplant ist. In der vorbereitenden Sitzung in Potsdam konnte weiterhin keine Einigung über die zwischen Berlin und Brandenburg einerseits und dem Bund andererseits umstrittene Personalie erzelt werden. "Es laufen weiter Gespräche", sagte Augenstein.

Der Präsidialausschuss bereitet die Personalangelegenheiten für den BER-Aufsichtsrat vor. Bundesverkehrsstaatsekretär Rainer Bomba (CDU) vertrat bei der Sitzung am Montag die Linie des Bundes, dass es keinen Zeitdruck gebe und man noch nicht entscheiden müsse.

Berlin und Brandenburg wollen einen Top-Manager als Nachfolger für Mehdorn, der spätestens im Juni als Flughafen-Chef aufhören will. Für die Nachfolge von Hartmut Mehdorn wurden zwei renommierte Industriemanager gehandelt: Nach dem Willen Berlins und Brandenburgs es läuft es entweder auf den früheren Rolls-Royce-Manager Karsten Mühlenfeld, seit Anfang Februar Entwicklungschef bei Bombardier in Hennigsdorf, oder auf Michael Clausecker hinaus.

Die beiden Länder hoffen, dass in den nächsten Tagen noch eine Einigung mit dem Bund erzielt werden kann, zumal es keine Alternativvorschläge vom Format Mühlenfeld und Clausecker gibt. Der Bund lehnt zumindest Clausecker dem Vernehmen nach strikt ab.

Brandenburgs Vize-Ministerpräsident und Finanzminister Christian Görke (Linke) warnt den Bund davor, die Entscheidung über die Nachfolge des scheidenden Flughafenchefs Hartmut Mehdorn ohne Grund hinauszuzögern. „Eine Hängepartie darf es nicht geben“, sagte Görke dem Tagesspiegel. „Aus Brandenburger Sicht steht einer Entscheidung nichts im Wege.“ Es stünden „ausgewiesene Manager“ für den Chefposten bereit. Er reagierte damit auf Versuche von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der bislang bremst. Dobrindt hatte wie berichtet neue Namen ins Spiel gebracht, die jedoch bei Kennern des Projektes angesichts der BER-Erfordernisse Verwunderung auslösten. Auch Mehdorn selbst hofft, dass Berlin, Brandenburg und der Bund sich schnell auf einen Nachfolger einigen: „Das wünsche ich der Firma.“

Auf der Aufsichtsratssitzung am Freitag wollten Berlins Regierender Michael Müller und sein Brandenburger Kollege Dietmar Woidke (beide SPD) eigentlich den früheren Rolls-Royce-Manager Karsten Mühlenfeld oder den früheren Bombardierchef Michael Clausecker als neuen BER-Chef küren lassen. Für Brandenburg und Berlin, es sind die Hauptgesellschafter des Flughafens, sind keine weiteren Namen mehr im Ring. Vom Bund gibt es offiziell noch kein Votum. Da Clausecker intern nach Recherchen dieser Zeitung aber vom Bundesverkehrsministerium und vom Bundesfinanzministerium abgelehnt wird, hat Mühlenfeld aktuell die besten Karten. Unter Leitung des Managers war das Rolls-Royce–Werk in Dahlewitz mit 2500 Beschäftigten, in dem Triebwerke für Flugzeuge hergestellt werden, in den letzten Jahren zu einem international erfolgreichen Großstandort gewachsen. Seit Anfang Februar ist Mühlenfeld, der auch im Bund angesehen ist, Entwicklungschef bei Bombardier in Hennigsdorf.

„Alle Karten liegen auf dem Tisch. Man braucht nur noch entscheiden“, sagte Görke. Er verwies darauf, dass auf der nächsten regulären Sitzung des Flughafenaufsichtsrates im März neue finanzielle Herausforderungen für die Flughafengesellschaft auf der Agenda stehen und möglichst bereits vom neuen BER-Chef angepackt werden sollen.

Kritik erntete Dobrindt auch dafür, dass er Leipzig langfristig als möglichen Zweitstandort des Berliner Flughafens ins Spiel gebracht hatte. Das ist ein Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU). „Nein, Leipzig ist keine Option. Wer von und nach Berlin fliegen will, fliegt von und nach Berlin“, sagte Mehdorn dazu dem Tagesspiegel. „Das ist heute so. Und das wird auch künftig so sein.“ Leipzig sei „ viel zu weit weg. Was wir brauchen, und das habe ich mehrfach betont, ist eine zielgerichtete Kapazitätserweiterung des BER nach der Eröffnung, die wir jetzt vorbereiten müssen.“ Aber das sei mittlerweile auch Konsens.

Beim Schallschutz für die rund 25 000 Anrainer-Haushalte des neuen Schönefelder Flughafens geht es weiterhin nur langsam voran. Bislang sind nicht einmal zehn Prozent der Häuser geschützt. Auf einer Anhörung des BER-Sonderausschusses im brandenburgischen Landtag übten der Verband der Grundstücksnutzer (VGN) und Vertreter von Bürgerinitiativen massive Kritik an der nach wie vor rigiden und nicht nachvollziehbaren Bewilligungspraxis der Flughafengesellschaft. Wenn jahrelang genutzte Wohnräume etwa zu niedrig sind oder beim Bau – egal wann – gegen die Bauordnung verstießen, verweigert der Flughafen Schallschutz. Dabei stehen inzwischen 730 Millionen Euro bereit, rund 40000 Euro pro Wohnung. VGN-Präsident Peter Ohm prophezeite, dass es „noch vier Jahre“ dauern werde, bis die BER-Anrainer den gesetzlich erforderlichen Schallschutz haben. Das wäre immer noch nach der nun für Ende 2017 geplanten Eröffnung. Mehdorn versicherte, dass im Herbst 2015 alle Haushalte die Bescheide haben und damit genug Zeit hätten, Firmen mit dem Einbau von Fenstern und Dämmungen zu beauftragen.

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