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Im Streit vereint. Die Vertreter Berlins und Brandenburgs in der Flughafengesellschaft haben Krach wegen unterschiedlicher Auffassungen zum Lärmschutz.

© dpa

Streit um Nachtflugverbot: Szenen keiner Ehe

Die Regierungen in Berlin und Brandenburg streiten entgegen aller Absprachen über ein Nachtflugverbot am Hauptstadtflughafen BER – und beschwören damit alte Vorbehalte zwischen den Ländern.

Es war nur eine Anekdote am Rande, aber sie sagt viel aus über das Verhältnis der Länder Berlin und Brandenburg und ihrer Regierungen. Besonders jetzt, da Matthias Platzeck (SPD), der Ministerpräsident aus Potsdam, allen Absprachen mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zum Trotz plötzlich für ein strengeres Nachtflugverbot am Hauptstadtflughafen BER ist. Früher hielt er es für falsch, jetzt hängt für ihn die Wirtschaftlichkeit des BER auch an der Akzeptanz bei der Bevölkerung.

Nun war es zwar nicht Platzeck, der da über des Verhältnis seines Landes zu Berlin sprach. Aber es war sein langjähriger enger Vertrauter, Sozialminister Günter Baaske. Einmal am Ende vergangener Woche beim Neujahrsempfang des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg und beim SPD-Unterbezirk in Potsdam-Mittelmark, dem einwohnerstärksten Landkreis Brandenburgs und besonders im Speckgürtel eine Hochburg der Fluglärmgegner.

„Die Berliner reden im Moment genau so, wie die Brandenburger immer befürchtet haben, dass sie reden würden, wenn sie in unserem Land das Sagen hätten“, hatte Baaske gesagt. Am Montag schob er auf Nachfrage nach: „Und das war ernst gemeint.“ Wobei Baaske mit der Furcht der Brandenburger genau auf jene Aversionen seiner Landsleute anspielte, die seit der 1996 gescheiterten Fusion mit Berlin immer wieder ins Feld geführt werden, wenn es um beide Länder geht.

Baaske nennt als Grund für seine Worte die heftigen Reaktionen aus Berlin zu Brandenburgs Vorgehen beim Nachtflugverbot. Wie berichtet, will Platzecks Regierungsmehrheit am Mittwoch im Landtag das erfolgreiche Volksbegehren annehmen. Demnach soll die Landesregierung mit den Mitgesellschaftern Berlin und Bund Gespräche aufnehmen, um das Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr auf 22 bis 6 Uhr auszuweiten. „Wir haben nur gesagt, wir nehmen das an und reden, ob wir was verbessern können“, sagt Baaske. Und dann höre man aus Berlin – auch von Wowereit – Vorwürfe, Platzeck wolle sich vom Acker machen, betreibe Vertragsbruch oder sei Populist. „Und alles nur weil man sagt, lasst uns darüber reden“, sagt Baaske.

Berlins CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel, der auch im BER-Aufsichtsrat sitzt, sah das anders. Auch er hat Baaske erlebt und ließ sich hinterher mit den Worten zitieren: „Das ist ein verantwortungsloser Ego-Trip, der hier gerade abläuft. Mit dieser Haltung wird sich Brandenburg im Aufsichtsrat selbstverständlich eine blutige Nase holen.“ Wowereit hat schon mehrfach ein schärferes Nachtflugverbot abgelehnt, weil bereits die jetzige Lösung ein Kompromiss sei.

In der Landesregierung gibt man sich gelassen. Platzeck hatte erst im Januar Wowereit als Chef des BER-Aufsichtsrats abgelöst. Die Einschätzung aus Potsdam lautet: Auch vom besseren Schallschutz in BER-Anrainer-Gemeinden, der nur wegen das Standorts nötig ist, den Brandenburg nie wollte, habe man Berlin und den Bund über längere Zeit überzeugen müssen. Platzeck kündigte unbeirrt zügige Verhandlungen, auch über die Flugrouten, und eine rasche Lösung des Streits an. Und er dämpfte die Hoffnungen der Fluglärmgegner, wobei er das Wort – und das fällt auf – Nachtflugverbot gerade nicht benutzt: „Ich werde mich um mehr Nachtruhe bemühen. Aber ich erwarte am Ende keinen Jubel. So ist das nun mal bei Kompromissen“, sagte Platzeck. „Brandenburg strebt keinen Alleingang an.“ Immerhin das wird man in Berlin ganz gerne hören.

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