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Ein Corona-Testzentrum am Flughafen (Symbolbild).

© dpa/Christoph Schmidt

Streit um Zuständigkeit: Wer testet künftig die Urlaubsrückkehrer an Berlins Flughäfen auf Corona?

Gesundheitsminister Jens Spahn führt die Testpflicht für Reise-Heimkehrer ein. Nun streiten Berliner Kliniken, Praxen und Ämter darum, wer zuständig ist.

Die Debatte ums Testen von Urlaubsheimkehrern aus Risikogebieten wird sich in Berlin zuspitzen. Unklar ist nämlich immer noch, wer die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erlassene Testpflicht auf Dauer umzusetzen hat – die Gesundheitsämter, die niedergelassenen Ärzte oder die Kliniken?

An den Flughäfen Tegel und Schönefeld testen derzeit die vom Senat beauftragten Fachleute der landeseigenen Charité- und Vivantes-Kliniken, am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) übernehmen das Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes; wer am Hauptbahnhof testen wird, ist nicht bekannt. Auch dort soll ab Montag eine Teststelle für Rückreisende bereitstehen.

Schon jetzt klappt nicht alles: Spanien-Heimkehrer berichteten dem Tagesspiegel, dass am späten Samstagabend weder am Flughafen noch am ZOB Testpersonal bereitstand. Und nach einem Bericht der "Bild" standen rund 170 Mallorca-Urlauber am Freitagabend vor der verlassenen Teststelle am Flughafen Tegel.

Charité-Vorstand: In vier Wochen von den Flughäfen abziehen

Eigentlich sind für die ambulante Versorgung die niedergelassenen Mediziner und somit die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zuständig. Und, so sagt Ulrich Frei, im Charité-Vorstand für die Krankenversorgung verantwortlich, dem Tagesspiegel: „Wir wollen die Arbeit an den Flughäfen in den nächsten vier Wochen jedenfalls an die KV übergeben.“

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Aus Spahns Verordnung – die am 6. August erlassen wurde, ohne sich offenbar mit der KV und den großen Klinikketten abzustimmen – geht nicht hervor, wer die Testpflicht umzusetzen hat. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) verhandelt nun mit der KV, der alle 9000 Praxisärzte angehören müssen, die gesetzlich Versicherte versorgen.

Die Niedergelassenen führen allerdings vor allem ihre eigenen Praxen, die nach dem Lockdown zunehmend wieder voller werden. Die KV teilte entsprechend knapp mit, man sei im „Klärungsprozess mit dem Senat und den Krankenkassen, dieser ist leider zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen“.

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Klar ist bislang nur: Zu kontrollieren, ob alle Rückkehrer aus Risikogebieten tatsächlich getestet sind und ob Betroffene etwaige Quarantäneauflagen einhalten – dafür sind die Gesundheitsämter zuständig. Die Tests an den Flughäfen komplett mit dem Personal der Amtsärzte durchzuführen, ist aber kaum möglich. Die Gesundheitsämter sind derzeit vollauf damit beschäftigt, die Kontaktpersonen positiv Getesteter zu finden – zumal Schulen und Kitas geöffnet sind und in den Bars massenhaft falsche Daten in die Gästelisten eingetragen werden.

Volle Labore - im Herbst kommt noch Grippe hinzu

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hatte im Kampf gegen das auch Sars-Cov-2 genannte Coronavirus bundesweite Testzentren gefordert. „Um eine Überforderung der niedergelassenen Ärzte zu vermeiden, sollten die Tests besser und einheitlicher organisiert werden“, sagte Reinhardt der „Rheinischen Post“ am Samstag. „Das systematische Screening muss aus der Regelversorgung herausgenommen werden.“

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Das sei auch mit Blick auf die im Herbst zu erwartenden saisonalen Infekte dringend geboten. „Reihentestungen zum Beispiel von Reiserückkehrern sollten deshalb ausschließlich und bundesweit in Testzentren durchgeführt werden.“

Wenn im Herbst die üblichen Erkältungen und Grippe-Beschwerden hinzukommen, werden die Praxen und Kliniken tatsächlich vor einer „Testwelle“ stehen. Schließlich gilt es dann, zügig unterscheiden zu können, wer von Sars-Cov-2 und wer von einem grippalen Infekt betroffen ist.

Schon jetzt aber sind die Labore der Stadt zu circa 80 Prozent ausgelastet. Da nach dem Lockdown der Reiseverkehr wieder intensiver wird, Schulen und Kitas offen sind, bedeutet das für die Labore mehr Proben.

Wie berichtet, wurden allein in der ersten Augustwoche mehr als 46.000 Menschen in Berlin auf das Coronavirus getestet, zu Beginn der Pandemie waren es oft nur halb so viele Personen pro Woche. Die Kapazitäten der Berliner Labore liegen derzeit bei fast 57.000 Tests pro Woche.

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