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Streitgespräch über Liegenschaftspolitik: "Die Querelen in der Verwaltung überlagern die eigentliche Debatte"

Wir dokumentieren Auszüge aus der Podiumsdiskussion, bei der Vertreter der Regierungsfraktion, der Opposition und der Initiative "Stadt Neudenken" über die Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik sprachen.

Florian Schmidt, Initiative Stadt Neudenken: Wie ist der Stand der Debatte um eine neue Liegenschaftspolitik?

Ellen Haußdörfer, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus: Es ist der SPD sehr wichtig, dass die Neuorientierung der Liegenschaftspolitik endlich umgesetzt wird. Dazu gab es schon die Beschlüsse, aber wir warten jetzt noch auf die Umsetzung.

Florian Schmidt: Finanzsenator und Stadtentwicklungssenator stehen gegeneinander, heißt es. Was ist der Konflikt?

Ellen Haußdörfer: Die Querelen in der Verwaltung überlagern die eigentliche Debatte. Wir brauchen Kriterien, nach denen wir Liegenschaften des Landes vergeben. Auf diese Kriterien warten wir noch. Das hat auch bestimmte juristische Folgerungen und finanzpolitische Implikationen – die sind noch nicht geklärt. Noch hat der Senator für Finanzen die Priorität bei der Vergabe. Der Senator für Stadtentwicklung kann maximal eine Sitzung bei der Diskussion um die Vergabe verschieben, hat aber kein Vetorecht.

Jochen Esser, haushaltspolitischer Experte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus: Die Politik hat sich aus einem bestimmten Denken entwickelt, aus einer Haushaltsnotlage, aber auch aus einem bestimmten Zeitgeist vor zehn Jahren. Unsere Haushaltssituation hat sich verändert, die Einnahmen aus dem Liegenschaftsfonds sind rückläufig. Ein Ende, dass also alle Grundstücke verkauft sind, ist absehbar. Wir brauchen den Verkauf von Liegenschaften nicht mehr zum finanzpolitischen Überleben. Die Liegenschaftspolitik muss wieder Teil einer Boden- und Stadtplanungspolitik werden. Da muss ein Paradigmenwechsel stattfinden.

Daniela Brahm, Gesellschafterin von ExRotaprint: Wie weit ist die politische Debatte um Vergabekriterien und Instrumente fortgeschritten?

Ellen Haußdörfer: Erbbaurecht ist in jedem Fall ein interessantes Instrument. Ich kann mir als Stadtentwicklungspolitikerin viel vorstellen. Der Senat für Stadtentwicklung will in der weiteren Debatte Instrumente zur Diskussion stellen und weiterentwickeln.

Jochen Esser: Wenn man die Öffentlichkeit bei der Vergabe beteiligen möchte und einen Dialog mit Initiativen führen will, dann muss man ein Liegenschaftskataster schaffen. Also alle Grundstücke, die zum Verkauf stehen könnten, erfassen und diese Liste öffentlich machen. Die Politik muss auch einen Ansprechpartner benennen, der im permanenten Kontakt mit der Akteursseite steht. Dann gibt es eine Reihe von Details zu klären, zum Beispiel wie man Korruptionsfestigkeit garantiert. Denn bei einer politischen Vergabe besteht ja die Gefahr von Korruption.

Die Veranstaltung fand vergangenen Samstag im Forum Factory statt. In dieser Woche sprechen die Fraktionen im Abgeordnetenhaus über ihre Position in der Debatte. Der Staatssekretär von Stadtentwicklungssenator Müller, Ephraim Gothe, wollte darum auf Nachfrage nicht aktuell Stellung nehmen.

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