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Das Schulessen wird teurer. Aus der Differenz sollten der höhere Mindestlohn und bessere Qualität finanziert werden.

© Roland Weihrauch/dpa

Update

Strengere Vorschriften für Caterer: Berlins Schulessen soll besser werden

Berlins Schulspeisung wird teurer, weil der Senat 50 Prozent Bio, höhere Löhne und fairen Handel finanzieren will. Und jede Schule erhält einen Wasserspender.

Berlins Schulessen ist für Grundschüler nicht nur kostenlos, sondern wird ab August außerdem hochwertiger. Das jedenfalls sehen die neuen Musterausschreibungen vor, die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Freitag erläuterte: „Wir achten darauf, dass das Essen gesünder, hochwertiger und fairer gehandelt ist“, fasst die Senatorin ihre Ziele zusammen und sprach von „bundesweit wegweisenden Veränderungen“.

Möglich werden die Verbesserungen, weil das Land, wie bereits berichtet, ab August zwölf Millionen Euro mehr ausgeben will. Ab August 2021 kommen dann nochmal acht Millionen dazu. Für den Portionspreis bedeutet dies, dass er von aktuell 3,25 Euro auf zunächst 4,09 Euro und ab August 2021 auf 4,36 Euro steigen wird.

Der Preis von 3,25 Euro galt schon lange als zu niedrig.

Caterer müssen Mindestlohn zahlen

Das zusätzliche Geld wird benötigt, weil die Caterer ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den höheren Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde zahlen sollen. Zudem will Scheeres eine Reihe von strengeren Vorschriften finanzieren.

Was sich ändert:

  • Der Bioanteil klettert von jetzt 15 Prozent ab August 2020 auf 30 und ab August 2021 auf 50 Prozent.
  • Ab August 2020 müssen Nudeln, Kartoffeln und Reis in Bio-Qualität angeboten werden.
  • Reis, Bananen und Ananas müssen nachweislich aus fairem Handel stammen.
  • Ab August 2021 müssen auch Früchte, Milch und Milchprodukte Bio-Qualität haben.
  • Kinder, die krankheits- oder allergiebedingt das Standardessen nicht vertragen, haben einen Anspruch auf ein „vollwertiges Essen ohne die sie krank machenden Stoffe“.
  • Es sollen saisonale Produkte verwendet werden.
  • Lunchboxen dürfen aus ökologischen Gründen keine Einwegverpackungen mehr enthalten .
  • Die Caterer müssen die Miete für die Wasserspender bezahlen, die die Berliner Wasserbetriebe - soweit baulich möglich - an jeder Schule aufstellen sollen.

Statt drei nur noch zwei Menüs zur Auswahl

Wenn sich Caterer nicht an die Vorgaben halten und dabei erwischt werden, drohen Vertragsstrafen. Im Übrigen können sie freiwillig noch mehr Qualität anbieten, indem sie etwa weniger Fertigprodukte und mehr frische Zutaten und mehr Bio als vorgeschrieben verwenden. Dadurch können sie sich bei künftigen Ausschreibungen Zusatzpunkte verschaffen.

Neu ist auch, dass die Caterer nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Menüs zur Auswahl haben sollen. Als Grund verwies Scheeres auf die Erfahrungen der Qualitätskontrollstelle des Landes: Sie hätten festgestellt, dass das Essen an Schulen mit nur zwei „Menülinien“ besser sei. Das Motto laute „Klasse statt Masse“, formulierte Scheeres.

Es soll weniger Essen im Müll landen

Der schieren „Masse“, die dann unter Umständen im Müll landet, will Scheeres auch begegnen, indem die Caterer künftig nicht mehr gemäß Lieferschein bezahlt werden, sondern nur noch für die Essen, die auch tatsächlich ausgereicht werden. Zu diesem Zweck sollen alle Schüler einen Chip mit sich führen, der dann entsprechend eingescannt wird. Falls Schüler ihren Chip nicht dabei haben, kann auch die Erzieherin oder Lehrerin aushelfen - mit einer Art „Generalchip“.

Noch nicht geklärt ist, wie sichergestellt werden kann, dass Caterer nicht auf zu vielen Essen „sitzen bleiben“, wenn Schüler sich - anders als vorgeschrieben - nicht vom Essen abmelden. „Der Caterer muss einen Vorschlag machen“, erwartet die zuständige Mitarbeiterin der Bildungsverwaltung, Ines Rackow. Im Übrigen arbeiteten die Caterer mit „Erfahrungswerten“.

Catererverband beklagt hohes Risiko

Das lässt Rolf Hoppe vom Verband der Berliner Caterer nicht gelten: "Das ist die totale Risikoverlagerung auf uns", lautete am Freitag seine empörte Reaktion auf die Ausführungen der Bildungsverwaltung. Der Preis von 4,09 Euro sei zu knapp kalkuliert, als dass er den Spielraum ließe für zahlreiche Schüler, die ohne Abmeldung dem Essen fernblieben.

Hoppe schlägt vor, dass man es so belässt wie bisher, dass nämlich die Horte am Tag zuvor die Portionenzahl angeben - je nach dem, wie viele Kinder sie erwarten. Diese Zahl sei dann auch maßgeblich für das, was der Caterer vom Bezirksamt bezahlt bekommt.

Die Bildungsverwaltung betonte, dass an der neuen Musterausschreibung auch der Landeselternausschuss, die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die Qualitätskontrollstelle sowie Vertreter der Bezirke und Caterer beteiligt wurden. "Wir waren bei den Kriterien beteiligt, aber nicht bei der Preisfindung", hält Hoppe dieser Darstellung entgegen. Beides gehöre aber zwangsläufig zusammen - erst recht dann, wenn das Risiko derart einseitig zugeordnet werde.

Weiterhin Kritik an der Umsetzung

Zur Vorstellung der Neuerungen hatte Scheeres den Bildungsstadtrat von Tempelhof-Schöneberg, Oliver Schworck (SPD), mitgebracht: Auch in seinem Bezirk hatte es etliche Schulen gegeben, die im Sommer erhebliche Probleme mit der schnellen Umsetzung des kostenlosen Schulessens hatten. Bis heute können auch in Tempelhof-Schöneberg nicht alle Schüler innerhalb des Schulgebäudes Essen. „Wir arbeiten daran, die Situation zu verbessern“, berichtete Schworck.

Die Erziehungsgewerkschaft GEW sprach am Freitag nochmals von „unhaltbaren Zuständen“ an manchen Schulen. Wie berichtet, gab es bereits zahlreiche Beschwerden über fehlende Räumlichkeiten, über viel Lärm und drastisch gekürzte Essenzeiten: Mit den kürzeren Zeitintervallen pro "Durchgang" reagieren etliche Schulen auf den Ansturm der Schüler, seitdem das Essen kostenfrei geworden ist.

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