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Berlin: Ströbele-Schläger muss ins Gefängnis

Richter nannte den Angriff des Neonazis Bendix W. auf den Grünen-Politiker politisch motiviert, feige und gemein

Von einer eher kleinen Ohrfeige hatte der Hüne Bendix W. gesprochen und sich lächelnd entschuldigt. Als eine schallende Ohrfeige dürfte er das Urteil gegen ihn empfunden haben: 15 Monate Gefängnis verhängte das Amtsgericht Tiergarten gestern gegen den 36-jährigen Neonazi. W. hatte am 20. September 2002, zwei Tage vor der Bundestagswahl, den Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele in den Nacken geschlagen und beschimpft. „Es war ein politisch motivierter Angriff auf einen gewählten Volksvertreter im Wahlkampf“, sagte der Richter. Die Tat sei „feige, gemein und hinterhältig“ gewesen.

Der mehrfach vorbestrafte W. hatte im Prozess um Körperverletzung und Beleidigung erklärt, er habe Ströbele, der an jenem Morgen auf der Warschauer Brücke Handzettel verteilte, „nur“ mit der flachen Hand geschlagen. Er habe sich über die Politik der Grünen in seinem Heimatort Wandlitz geärgert, sei außerdem angetrunken gewesen. Dass es sich bei dem Kopf um den Bundestagsabgeordneten Ströbele handelte, sei ihm erst später aufgefallen.

Beeindrucken konnte er den Richter mit dieser Aussage nicht. „Das Geständnis war nicht von Einsicht und Reue getragen, es war ein Geständnis aus prozesstaktischen Gründen“, hieß es im Urteil. W. habe nur das zugegeben, was ihm ohnehin nachgewiesen werden konnte.

Die Staatsanwaltschaft war ursprünglich von einem Schlag mit einer Stahlrute ausgegangen. Der Einsatz eines so genannten Totschlägers, den die Polizei bei W. fand, konnte im Prozess jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Das Gericht ging von einem wuchtigen Schlag mit der Handkante aus. Ströbele erlitt Prellungen und Kopfschmerzen. Nach Überzeugung des Gerichts hatte W. den Bundestagsabgeordneten sehr wohl erkannt. Etwa 15 Minuten lang habe er an einem Kiosk gestanden und den Politiker beobachtet: „Dann ist es ihm wohl aufgestoßen.“

Bendix W., unter anderem wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt, hatte auf eine Bewährungsstrafe gehofft. Das Gericht sah dafür keinerlei Raum – der polizeibekannte Rechtsextremist stand bei der Tat unter einer laufenden Bewährungszeit. Ob er das Urteil anfechten wird, blieb zunächst offen. Bis die Entscheidung rechtskräftig ist, bleibt W. gegen Meldeauflagen frei. Mit hochrotem Kopf stapfte der knapp zwei Meter große und massige W. nach dem Urteil aus dem Gerichtssaal. Zufrieden dagegen zeigte sich Ströbele: „Das Urteil ist in Ordnung.“

Kerstin Gehrke

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