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Stromkonzern: Vattenfall schwenkt um: Gas und Biomasse statt Kohle

Der Energieversorger setzt in Berlin auf neue Lösungen: Gas und Biomasse anstatt Kohle heißt die neue Devise. Auf den Bau des strittigen Großkraftwerkes in Klingenberg wird verzichtet.

Vattenfall setzt bei der Berliner Energieversorgung auf neue Lösungen: Gas und Biomasse anstatt Kohle, heißt die neue Devise. Mit dieser Grundsatzentscheidung zieht der Konzern auch die Konsequenzen aus der jahrelangen Diskussion über ein neues Kraftwerk am Standort Klingenberg im Bezirk Lichtenberg. Dort entsteht nun nicht, wie ursprünglich geplant, ein Großkraftwerk auf Steinkohlebasis, sondern es wird kleinere Kraftwerke geben, die mit Gas und Biomasse befeuert werden. „Wir haben viele Meinungen in der Stadt aufgegriffen“, erläuterte der für Berlin zuständige Vattenfall-Manager Werner Süss am Donnerstag den Entscheidungsprozess. „Auf Dauer geht es nicht gegen Politik und Gesellschaft.“ Die Steinkohlevariante war auf Ablehnung gestoßen, da Kohle mehr Kohlendioxid (CO2) emittiert als Gas.

Vattenfall wiederum hatte mit der Verfügbarkeit und dem Preis argumentiert: Die Steinkohlevorkommen etwa in Polen reichen noch über Jahrzehnte, und Kohle ist deutlich günstiger als Gas. Ob sich die Verbraucher von Strom und Fernwärme nun ab 2015/2016 auf höhere Preise einstellen müssen, wollte Süss nicht voraussagen. Zu viele Faktoren spielten bei der Preisbildung eine Rolle. Bislang wird in Klingenberg Braunkohle aus der Lausitz verfeuert, die sogar noch schmutziger ist als Steinkohle.

Mit den neuen Kraftwerken will Vattenfall bis 2050 die CO2-Emissionen in Berlin um 50 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren. Zuletzt emittierten die zehn Kraftwerke in Berlin 7,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr, 2020 sollen es noch 6,5 Millionen Tonnen sein. Alle Kraftwerke funktionieren nach dem Prinzip der Kraft-Wärme–Kopplung (KWK), das einen hohen Wirkungsgrad und damit auch eine relativ hohe Umweltverträglichkeit gewährleistet. Die Bundesregierung fördert die KWK mit 1,5 Cent pro Kilowattstunde. Auch diese Förderung hat nach Angaben von Vattenfall das neue Energiekonzept des Konzerns mit beeinflusst.

Über das an die Kraftwerke angeschlossene Fernwärmenetz werden in Berlin rund 620 000 Wohnungen geheizt. Im Ostteil der Stadt decken die Heizkraftwerke Mitte, Lichtenberg und Klingenberg bislang den Wärmebedarf. Allerdings wird der sogenannte Stromteil des Heizkraftwerks Klingenberg in den kommenden zwei Jahren stillgelegt. Und als Ersatz für das ursprünglich vorgesehene heftig umstrittene Steinkohlekraftwerk gibt es zwei Biomasse-Kraftwerke, die zusammen 150 Megawatt an Wärmeleistung erzeugen. Laut Vattenfall besteht die Biomasse im Wesentlichen aus nachwachsenden Rohstoffen, vor allem Hölzern, die im Umkreis von 200 Kilometern beschafft werden könnten. Nach Unternehmensangaben sind 400 000 Tonnen Biomasse im Jahr erforderlich.

Dreimal mehr Wärme als die Anlage mit Biomasse erzeugt das Gaskraftwerk. Vattenfall will, falls nur ein Gaskraftwerk gebaut wird, dies am Standort Lichtenberg im Bezirk Marzahn-Hellersdorf errichten. Und falls aus technischen Gründen eine zweite Gasanlage erforderlich sein sollte, ist diese am Standort Klingenberg geplant. Ob eine oder zwei Anlagen – in jedem Fall sind aus der Gasverbrennung 450 Megawatt Wärmeleistung veranschlagt. Spätestens 2016 sollen die Kraftwerke den Betrieb aufnehmen.

Im Westteil Berlins erzeugen die Heizkraftwerke Reuter, Reuter-West, Moabit, Charlottenburg und Lichterfelde Wärme. Das Steinkohlekraftwerk Reuter C wird bis 2020 stillgelegt. In Lichterfelde am Ostpreußendamm ist als Ersatz für das 40 Jahre alte Kraftwerk eine Gasanlage vorgesehen, die 2014 in Betrieb geht. Schließlich will Vattenfall die dezentrale Versorgung mit Blockheizkraftwerken ausbauen und den effizienten und sparsamen Einsatz von Energie fördern. Unter anderem wird im Märkischen Viertel der Einbau von 10 000 sogenannten intelligenten Stromzählern unterstützt. Alles in allem investiert Vattenfall in den nächsten Jahren mehr als eine Milliarde Euro in Berlin.

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