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Strukturreform: Kleine Schulen bangen um ihre Existenz

"Katastrophe, Skandal, inakzeptabel" - das sind die Schlagwörter der Schulräte und Bildungsstadträte zur geplanten Strukturreform. Das Konjukturprogramm soll nur noch großen Standorten zugutekommen. Nebenwirkung: Zahlreiche kleine Schulen stehen vor der Schließung.

In den Bezirken wächst die Unruhe über die Schulschließungen im Zuge der geplanten Strukturreform. Da Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) nur große Standorte erhalten will, ist der Fortbestand von 20 bis 30 kleineren Schulen gefährdet. Schon kursieren erste Gerüchte über Schließungen, ohne dass die jeweiligen Schulen von konkreten Plänen Kenntnis haben. Die Bezirke begründen dies mit dem Zeitdruck für Entscheidungen: Bis zum 15. Februar müssen sie Zöllner mitteilen, in welche Schulen Gelder aus dem Konjunkturprogramm II fließen sollen.

Bis dahin muss auch feststehen, welche Schulen voraussichtlich geschlossen werden, damit nicht mehr in die „falschen“ Standorte investiert wird. Da beginnen die Probleme. „Wir können noch gar nicht entscheiden, wie viele Standorte wir brauchen, weil die Eckwerte der Sekundarschulen nicht feststehen“, bemängelt Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD). Allein die Frage, ob es Klassen mit 25 oder 32 Schülern gebe, habe enorme Auswirkungen: Je kleiner die Klassen, desto mehr Räume und damit Schulen werden benötigt.

Hoher Zeitdruck ein "Skandal"

Was die Bezirke ebenfalls umtreibt, ist die Vorgabe Zöllners, dass die Sekundarschulen vier bis sechs Klassen pro Jahrgang aufnehmen müssen. Reinhard Naumann (SPD), Bildungsstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf, sieht das „skeptisch“. Eine „Katastrophe“ seien so große Schulen besonders in sozialen Brennpunkten, warnt Gerhard Schmid vom Bund Freiheit der Wissenschaft. Schmid ist Schulrat in Friedrichshain-Kreuzberg.

Zu den Schulen, die gefährdet sind, gehört hier neben der Borsig-Realschule die hoch gelobte Carl-Friedrich-Zelter- Hauptschule: Ihr Gebäude ist zu klein. Nicht gefährdet ist hingegen der Standort der Eberhard-Klein-Hauptschule: Sie ist zwar weniger nachgefragt, aber ihr Gebäude ist groß und in gutem Zustand. Gerade noch abwehren konnte der Bezirk das Ansinnen der Bildungsverwaltung, die einzigartige „Stadt als Schule“ zu schließen: Sie bleibe als Filiale einer anderen Schule bestehen, so Bildungsstadträtin Monika Herrmann (Grüne), die den jetzigen Zeitdruck als „Skandal“ empfindet.

Pankow und Lichtenberg versuchen es ohne Schließungen

Zu den Schulen, die laut Stadtrat Dieter Hapel (CDU) keine Zukunft haben, gehören in Tempelhof-Schöneberg die Boberthal-Schule und die Hermann-Köhl- Schule. Ein bis zwei weitere seien gefährdet. Noch keine fertigen Schließungspläne gibt es für Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln. Pankow und Lichtenberg versuchen, ganz ohne Schließungen auszukommen. In Marzahn-Hellersdorf werden laut Stadtrat Stefan Komoß (SPD) ein bis zwei Schulen geschlossen. Mitte reicht für das Konjunkturpaket jetzt eine vorläufige Liste mit sicheren Standorten ein. Ob es zu Schulschließungen komme, wisse man bis Mai, so Stadträtin Dagmar Hänisch (SPD). Ihre Amtskollegin in Steglitz-Zehlendorf Anne Otto (Grüne) fürchtet um die Beucke-Schule, „da sie zu klein ist“. Für die Johann-Thienemann-Hauptschule und Friedrich-Bayer-Realschule werden Umzüge diskutiert. „Wir haben im Moment nicht die Absicht, einen Standort zu schließen“, sagt Stadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) aus Reinickendorf. Sie kritisiert, dass das Konjunkturpaket vollendete Tatsachen für eine vom Abgeordnetenhaus noch gar nicht beschlossene Reform schaffe: Dieses Demokratieverständnis sei „inakzeptabel“.

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