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Berlin: Studie: Gewalt gegen Polizei nimmt drastisch zu

Bislang unveröffentlichte Zahlen belegen erschreckenden Trend. Besonders die „unmotivierten Angriffe“ machen Beamten zu schaffen

Ein Polizist wird im Soldiner Kiez in Wedding mit einer Eisenstange beworfen – aus dem Hinterhalt. Ein anderer Beamter wird ohne Vorwarnung niedergeschossen und schwer verletzt, als er einen Haftbefehl wegen Trunkenheit vollstrecken will. Zwei Beispiele von überraschenden Übergriffen, die die Polizeiführung zunehmend beunruhigen.

Eine bislang unveröffentlichte Erhebung ergab: Die Zahl der im Einsatz angegriffenen und verletzten Polizisten ist alarmierend gestiegen. Waren es 1997 noch 997 Fälle, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 1602. In der Statistik enthalten sind Vorfälle, bei denen Beamte mit Angriffen rechnen müssen, etwa bei Demonstrationen oder Einsätzen der Spezialeinsatzkommandos. Besonders drastisch aber haben die so genannten unmotivierten Angriffe zugenommen: Sie passieren „plötzlich und ohne Vorwarnung“, wie es hieß.

Gerade diese Angriffe sind es, die die Polizei beunruhigen. „Wir stellen fest, dass das Niveau der Gewalt sich verschoben hat“, sagte ein Polizeisprecher „Der Trend sieht so aus: Haben Leute früher ihren Unmut gegenüber der Polizei noch in Beleidigungen und Beschimpfungen ausgedrückt, so wird heute häufiger gleich losgeprügelt oder mit Gegenständen geworfen.“

Die Polizeiführung erhofft sich aus der Erhebung Hinweise über eine veränderte Gefährdungslage von Polizisten, vor allem in Routinesituationen. Die jetzt vorliegenden Zahlen scheinen die Erfahrung der Beamten auf der Straße zu bestätigen, dass die Respektlosigkeit und Gewalt gegen Polizisten größer geworden ist: Beamte würden generell als Vertreter der Staatsmacht gesehen und deshalb attackiert. Sorgen bereiten der Polizei vor allem ausländische Jugendliche. Ganz vorn in der Gruppe der Tatverdächtigen der „unmotivierten“ Gewalt sind Männer im Alter von 17 bis 23 Jahren. Libanesische Staatsangehörige bilden nach Tagesspiegel-Informationen dabei die größte Gruppe, gefolgt von Tatverdächtigen mit nicht geklärter Staatsangehörigkeit. Vietnamesen sind auf Platz vier, Türken auf Platz sieben, Deutsche liegen auf Platz 14.

Polizeipräsident Dieter Glietsch hat angesichts der zunehmenden Gefährdung verstärktes Training angeordnet: Ein wesentlicher Bestandteil ist das so genannte „Eigensicherungstraining“, um auf plötzliche Gefahren im Dienst besser vorbereitet zu sein. „Schon jetzt werden diese Trainings gut angenommen, sollen aber auch verpflichtend werden“, hieß es. Auch über die Ausrüstung der Polizisten wird in diesem Zusammenhang nachgedacht: So wird den Beamten im Streifendienst geraten, eine Schutzweste zu tragen. Zudem wird derzeit diskutiert, ob auch Berliner Polizisten mit einem Tonfa ausgerüstet werden sollen – einem Spezialschlagstock, mit dem Beamte besser als bisher Schläge abwehren können.

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