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Studie: Muslime in Deutschland sind staatstreu

Integrierter als die Deutschen? Eine Gallup-Studie zeigt: Muslimische Gläubige in Deutschland identifizieren sich häufiger mit ihrer Wahlheimat als die Gesamtbevölkerung. Auch ihr Vertrauen in deutsche Gerichte und die Regierung scheint wesentlich größer zu sein.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sind Muslime ein Dauerthema in der Öffentlichkeit. Was aber denken die 1,3 Milliarden Muslime auf der Welt eigentlich selbst? Derartig grübelnd beschlossen Mitarbeiter des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup, Muslime  dazu zu befragen. In dieser Woche stellten sie ein Teilergebnis davon vor, eine repräsentative Studie, für die unter anderem rund zwei Tausend Gläubige in Frankreich, England und Deutschland befragt wurden. Die Ergebnisse sind so eindeutig wie überraschend: Offenbar identifizieren sich die rund 3,5 Millionen muslimischen Gläubigen in Deutschland öfter mit ihrer Wahlheimat als die Gesamtbevölkerung. 40 Prozent der deutschen Muslime artikulieren demnach eine "enge Bindung zur Bundesrepublik", aus der gesamten Bevölkerung sagen das lediglich 32 Prozent.

Auch ihr Vertrauen in wichtige deutsche Institutionen scheint wesentlich größer zu sein als  bei anderen Bundesbürgern. So halten etwa 73 Prozent der Muslime Gerichte für vertrauenswürdig, bei der Gesamtbevölkerung sieht das nur knapp die Hälfte so. Die Regierung nehmen 61 Prozent als rechtschaffen wahr, von allen Bürgern zusammen hingegen tut das nur jeder Dritte. Und 62 Prozent der Muslime hegen keinen Zweifel daran, dass bei Wahlen alles mit rechten Dingen zugeht - etwas, dass die Mehrheit der Gesamtbevölkerung durchaus bezweifelt. Übereinstimmung herrscht dagegen bei Fragen der Integration: Fast alle (97 Prozent Muslime/96 Prozent Gesamtbevölkerung) halten die deutsche Sprache für wichtig, um in der Gesellschaft anzukommen, ebenso wie einen Arbeitsplatz (beide Gruppen 94 Prozent).

Der "Gallup Koexistenz-Index 2009" ist die erste einer künftig jährlich erscheinenden Studie, die Ansichten von Muslimen weltweit untersucht. Dabei vergleicht sie speziell bei Muslimen in Frankreich, Deutschland und England ihre Einstellungen mit denen der Gesamtbevölkerung. Hier wird deutlich, dass die Annahmen der Bevölkerung über Muslime von den Einstellungen der Muslime an einigen Stellen abweichen. So sind sich etwa 45 Prozent der Bundesbürger sicher, dass ihre muslimischen Mitbürger nicht loyal gegenüber Deutschland sind. Dagegen sagten 71 Prozent der befragten Muslime, sie stünden hinter ihrer Wahlheimat. "Die Umfrage zeigt, dass viele Annahmen über Muslime und Integration danebenliegen", sagt die Chefin des Gallup Zentrums für muslimische Studien, Dalia Mogahed. "Deutsche Muslime wollen ein Teil einer größeren Gemeinschaft sein und mehr zur Gesellschaft beitragen."

Bereits im Februar präsentierte ihre Forschungsabteilung das erste Großprojekt zur Meinungsbefragung bei Muslimen. Gallup-Mitarbeiter hatten über einen Zeitraum von sechs Jahren rund 50 000 Muslime aus meist islamischen Ländern interviewt und in einem dicken Buch Einblicke in die Ängste, Hoffnungen und Meinungen der  Muslime veröffentlicht. Die Erkenntnisse standen schon dabei diametral zum Image der Muslime in der westlichen Welt: Die überwiegende Mehrheit, 93 Prozent, verurteilt Anschläge islamistischer Extremisten als menschenverachtend und falsch. Und: Die meisten geben an, Werte wie etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau, sehr zu schätzen.

Ferda Ataman

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