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Nördlich des Hauptbahnhofs wächst die Europacity heran, ein neues Geschäfts- und Wohnviertel.

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Studie zum Wohnungsmarkt: Berlin baut langsam, falsch und teuer

Wirtschaftsforscher fordern mehr Neubauten in Berlin. In keiner anderen deutschen Stadt sei das Missverhältnis zwischen Wohnungsnachfrage und Neubau-Angebot größer.

In Deutschland wird nicht nur zu wenig gebaut, sondern das Wenige außerdem noch am Bedarf vorbei. Jedes Jahr müssten nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) im Schnitt 385.000 neue Wohnungen fertiggestellt werden. Tatsächlich waren es im Jahr 2016 aber nur rund 250.000.

Besonders gravierend ist die Lage laut Michael Voigtländer, Immobilienexperte des IW, in der Hauptstadt: „In Berlin wurden zwischen 2011 und 2015 pro Jahr nur rund 25 Prozent der benötigten neuen Wohnungen gebaut.“ In keiner anderen deutschen Metropole ist das Missverhältnis zwischen Wohnungsnachfrage und Neubau-Angebot größer – sogar München und Stuttgart bauen mehr und schneller. In Berlin seien zwischen 2011 und 2015 pro Jahr rund 7700 Wohnungen fertiggestellt worden, davon 3100 mit drei und vier Räumen und 2520 mit fünf Räumen und mehr. In München sei das Verhältnis bei 5600 neuen Wohnungen pro Jahr nicht ganz so ungünstig.

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schreibt NutzerIn bangji

„Der Wohnungsmangel in den Städten ist gravierend, alle Kennzahlen weisen auf eine zunehmende Wohnungsnot hin“, stellten der IW-Experte und auch der Geschäftsführer der Deutschen Invest Immobilien, Frank Wojtalewicz, fest. Die Städte müssten Bauland schneller bereitstellen und dafür auch Grünflächen nutzen. „In Berlin etwa muss auch stärker in die Höhe gebaut werden, die übliche drei- bis fünfgeschossige Bauweise ist zu gering“, sagte Wojtalewicz.

Rückgang der Neubauzahlen prognostiziert

Einen Leitplan für den Bau von Hochhäusern hatte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im vergangenen Jahr im Gespräch mit dem Tagesspiegel angekündigt. Berlins neue Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) will diese Idee aufgreifen und kündigte vor wenigen Tagen die Erarbeitung eines „Hochhausrahmenplans“ an. Dieser soll durch klare Regeln dem Wildwuchs von Türmen an beliebigen Orten Berlins begegnen und nicht vorrangig dem Wohnungsbau dienen.

Weil so wenig gebaut wird, wird Wohnen immer teurer. Nach neuen Auswertungen des Mikrozenzus durch das Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg stieg die durchschnittliche Quadratmetermiete in Berlin von 6,80 Euro auf 7,67 Euro zwischen den Jahren 2010 und 2014. Berliner zahlten 29 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete. Hinzu kommen Betriebskosten, die in der Hauptstadt auch wegen der hohen Grundsteuer überdurchschnittlich sind.

Der Fraktionsvize der Berliner CDU, Stefan Evers, prognostiziert einen weiteren Rückgang der Neubauzahlen: „Wer eine Kampfansage an die private Wohnungswirtschaft ausspricht, darf sich nicht wundern, wenn die Bauherren sich von Berlin abwenden.“ Dagegen sagte die Chefin von Berlins größtem Verband von Wohnungsunternehmen BBU, Maren Kern, der Senat habe umgeschwenkt, aber Bauen brauche Vorlauf: „Die Neubauzahlen wachsen deutlich. Sicher sollten es aber noch mehr Wohnungen sein.“ Dazu brauche es vor allem mehr bezahlbares Bauland und gut ausgestattete Bezirksämter.

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