zum Hauptinhalt
An den Rändern des ehemaligen Flugfelds Tempelhof könnten Sozialwohnungen entstehen.

© dpa

Suche nach geeigneten Grundstücken: Flugfelder als Baufläche für Sozialwohnungen im Gespräch

Die SPD will Wohnungsbau subventionieren, auch die CDU zeigt Sympathien für entsprechende Pläne. Das Tempelhofer Feld und der Noch-Flughafen Tegel sind als Areale im Gespräch, ebenso verschiedene Kleingartenkolonien.

2000 Sozialwohnungen im Jahr kosten den Steuerzahler 104 Millionen Euro – das ist die Hamburger Erfahrung. Dort hat der soziale Wohnungsbau schon begonnen, der jetzt auch in Berlin favorisiert wird. Das Thema sei „Chefsache“, heißt es aus der Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Die zuständigen Beamten wurden aufgefordert, nach geeigneten städtischen Grundstücken zu suchen. Neben dem Tempelhofer Feld und Noch-Flughafen Tegel sind auch Kleingartenanlagen ins Visier der Immobilienscouts geraten. Interessant wären beispielsweise die Kleingärten am Priesterweg in Schöneberg und am Spandauer Damm in Charlottenburg, heiß es aus dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmer (BBU). Dessen Vorsitzende, Maren Kern, fordert gar neue Großsiedlungen zu bauen statt immer nur Lücken im Stadtgrundriss zu füllen. Der von Müllers Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) angekündigte Wiedereinstieg in den sozialen Wohnungsbau sei „ein guter Ansatz“, sagte ein BBU-Sprecher.

Auch der Koalitionspartner CDU beschäftigt sich „bereits seit zwei Jahren“ mit dem Hamburger Modell, sagt der baupolitische Sprecher Matthias Brauner. „Ohne Neubauförderung kommen wir nicht zurande.“ Die Senatsoffensive begrüßt er ausdrücklich. Ein ähnliches Papier habe er selbst in der Schublade. Demnächst will Brauner es seiner Fraktion vorstellen. Die schwierigste Klippe sei die Finanzierung. Die 30 Millionen Euro Bundeszuschüsse für den Wohnungsbau, die Gothe für die neue Förderung abzweigen will, würden ja an anderer Stelle im Haushalt fehlen. Das Niveau des Hamburger Modells werde man ohnehin nicht erreichen.

Mieter auf der Straße. Wohnen wird in städtischen Zentren immer teurer.
Mieter auf der Straße. Wohnen wird in städtischen Zentren immer teurer.

© dpa

Wie sieht das Modell überhaupt aus? Private Investoren kaufen städtische Grundstücke in guter Lage und verpflichten sich, ein Drittel der geplanten Wohnungen als Sozialwohnungen zu bauen. Dafür erhalten sie zinsgünstige Darlehen vom Land und eine jährliche Mietsubvention, mit der die Kaltmiete sich auf derzeit 5,90 Euro für den Quadratmeter reduziert. Ein Teil der Sozialwohnungen sollen für acht Euro kalt angeboten werden, um Wohnraum für Familien mit durchschnittlichem Einkommen zu schaffen. Interessant ist das hanseatische Vorbild laut Gothe vor allem deswegen, weil die Sozialwohnungen überwiegend in die Regie der städtischen Wohnungsbaugesellschaften übergehen.

Für die Veranstalter der von Mieterinitiativen organisierten Mietenkonferenz im Abgeordnetenhaus standen am Dienstag vor allem Sofortmaßnahmen gegen steigende Mieten in den rund 150 000 Berliner Sozialwohnungen im Mittelpunkt. Besonders betroffen seien Mieter in den 28 000 Wohnungen, die aus der Anschlussförderung herausgefallen sind. Seit dem Wegfall der Förderung müssen Mieter in einigen Fällen die Differenz zwischen Kosten- und Sozialmiete aus eigener Tasche zahlen. Das habe zur Folge, dass in Sozialwohnungen mittlerweile bis zu 13 Euro pro Quadratmeter verlangt werden, kritisierte Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Er forderte eine staatlich festgelegte Miete von rund fünf Euro pro Quadratmeter.

Nach Ansicht von Martin Schwab, Dekan der juristischen Fakultät der FU, ist das heutige Mietenproblem auch deshalb entstanden, weil die Baukosten im sozialen Wohnungsbau der 80er und 90er Jahre „künstlich aufgebläht“ wurden und bis heute über die Mieten abbezahlt werden. „Es gab keine echte Kontrolle der Baukosten“, sagte Schwab. Genau das müsse jetzt nachgeholt werden.

Schwab schlägt eine gesetzliche Regelung vor, nach der die Kostenmiete erst erhoben werden darf, wenn der Vermieter seine tatsächlichen Baukosten nachgewiesen hat. Eine weitere Möglichkeit wäre, auf die Rückzahlung von Darlehen zu verzichten, die durch die Insolvenz von Alteigentümern ohnehin nicht mehr einzutreiben sind. „Berlin kann etwas für die Mieter tun – wenn es denn möchte.“

Der Mieteraktivist Sebastian Jung wies darauf hin, dass auch mit einer Änderung des Wohnraumgesetzes die weitere Verdrängung von Mietern gestoppt werden könne. Beim Verkauf von Häusern, die nicht mehr gefördert werden, müssten die alten Sozialmieten und Belegungsrechte erhalten bleiben. Bisher ist das nicht vorgesehen. Thomas Loy / Tiemo Rink

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false