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Berlin: Süße Völkerverständigung

Kaffee, Kuchen, Bücher im „Café d’Europe“

Madeleines, Tiramisu, Apfeltorte – Deutschland schickt den Streuselkuchen ins Rennen. Auf dem Teller hübsch drapiert, ringen Himbeeren und Sahnetörtchen um Aufmerksamkeit. Intellektuell wirkende Gäste schlürfen ihre Wiener Melange neben farbverschmierten Grundschülern. Anlass ist der Europatag am 9. Mai, zu dem im Tiergartener Café Einstein mit dem „Café d’Europe“ eine Marketingaktion kalorienhaltiger Art für die Europäische Union läuft. Die österreichische Ratspräsidentschaft, im Einstein vertreten durch Botschafter Christian Prosl , baut auf Zucker als Kitt: So soll sich der kulturelle Austausch über den Genuss von ausgewählten süßen Spezialitäten aus Ländern der Europäischen Union einstellen. Es gibt keine Debatte über Dienstleistungsrichtlinien, stattdessen soll die österreichische Kaffeehauskultur zur besseren Verständigung aller Europäer beitragen. Kleinster gemeinsamer Nenner: das Zuckertörtchen. Sozusagen die kulinarisch-literarische Annäherung an eine europäische Identität. Die Grundschüler recken ihre Bilder zum Thema Europa werbewirksam in die Kameras. Die Autorin Eva Demski liest, und nach einer Podiumsdiskussion sollen die Gäste eigene Texte zu Papier bringen.

So wird in Kaffehäusern aller 27 europäischen Hauptstädte versucht, Europa aus dem Abstrakten herauszuholen. „Europa, was geht mich das eigentlich an?“, fragt – rhetorisch – Moderatorin Luzia Braun . Wer das herausfinden will, kann neben den Zuckerbomben noch die eine oder andere ausliegende Broschüre konsumieren. Österreichs Botschafter spricht von kultureller Vielfalt und einem Bürgerdialogprojekt, das die Distanz der Bürger zu Brüssel reduzieren soll – und betont im nächsten Satz, wie wichtig die Positionierung der EU im globalen Wettbewerb sei. Hoffentlich liegt Europa den Gästen nicht zu schwer im Magen. sbu

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