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Früh am Morgen verschwindet zuerst der Kaiser's-Schriftzug. Alle Läden werden jeweils an einem Tag umgerüstet.

© dpa

Supermarktübernahme in Berlin: Wie die Kaiser's-Supermärkte umgerüstet werden

Rewe und Edeka haben die Kaiser’s-Supermärkte übernommen, nach und nach wechselt der Name. Alle Läden werden umgerüstet – jeweils an einem Tag. Ein Blick auf den Kraftakt.

Morgens um 5.30 Uhr ist die "Kaiser’s Welt" an der Großbeerenstraße in Mariendorf noch in Ordnung. Das gelbe, irgendwie ständig lächelnde Kaffeekännchen mit der spitzen Tüllennase hängt noch über der Tür neben dem Kaiser’s-Schriftzug. Aber es wird an diesem Morgen zuallererst mit allen anderen Plakaten und Logos verschwinden und nunmehr Erinnerung sein.

Es ist noch stockdunkel, als Steven Horn (25), Assistent des Ladenchefs, punkt 5.30 Uhr die Eingangstür des Supermarktes öffnet, doch der erste Trupp des Übernahmegeschwaders folgt ihm auf dem Fuß. Früh noch "Kaiser’s", am Abend "Rewe" – die To-do-Liste ist sportlich. Ruckzuck wollen sie an nur einem Tag den Markt umbauen. Eine Metamorphose, die man jetzt vielerorts in Berlin beobachten kann.

Nachdem sich die zwei größten deutschen Lebensmittel-Ketten Edeka und Rewe im November vergangenen Jahres über die Aufteilung der an sie verkauften bisherigen Kaiser’s-Filialen geeinigt hatten, unternimmt Rewe seit dem 9. Januar mit Hochdruck die nächsten Schritte: Der Konzern hat 60 der insgesamt 120 Kaiser’s-Geschäfte übernommen, nun will er an jedem Standort bald zeigen, wem der Laden gehört und vor allem die IT-Technik auswechseln. Bis zum 31. März soll alles abgeschlossen sein.

In 60 Tagen werden 60 Supermärkte umorganisiert.
In 60 Tagen werden 60 Supermärkte umorganisiert.

© Kay-Uwe Heinrich

Zuvor noch rasch ein Schnappschuss vom gewohnten Kaiser’s Kiezmarkt, der vielleicht ein Stückchen Heimat geworden ist? Klar, auch in Mariendorf nahmen etliche Kunden am Mittwoch Abschied, bevor Donnerstag früh die Verwandlungsaktion begann und der Traditionsname abgeschraubt wurde wie einst schon Bolle oder Meyer-Beck im Berliner Straßenbild – und derzeit auch Reichelt.

Und wie geht es danach weiter? "Ein jeder Wechsel schreckt den Glücklichen", hat Friedrich Schiller einmal geschrieben. Beginnt nun die verzweifelte Suche? Himmel, wo sind die veganen Nuggets, wo das Lieblingsbier? Regale umgestellt, nichts mehr am vertrauten Platz – oder gar nicht mehr da.

Der verantwortliche Koordinator für den Wechsel in allen künftigen Rewe- Märkten, Michael Krüger (36), steht recht entspannt vor der "Frischetheke" und sagt, man wolle doch einen guten Weg finden. "Niemand soll umherirren." Regale werden kaum umgerückt, fast alle Produkte bleiben am Platz. Es kann allerdings sein, dass man in den nächsten Wochen manche Lieblingsmarke nicht mehr findet. 60 Prozent des Kaiser’s-Sortimentes wird ausverkauft und durch Rewe-Eigenmarken ersetzt.

Rita Krüger tauscht Labels aus.
Rita Krüger tauscht Labels aus.

© Kay-Uwe Heinrich

In 60 Tagen 60 Supermärkte umorganisieren – diesen operativen Akt hat Michael Krüger mit seinem Team zuvor minutiös geplant. Premiere war am 9. Januar in der Filiale an der Reinickendorfer Roedernallee 118a. Der Test klappte offenbar gut – und nun ist die Nummer 15, der Markt in Mariendorf, dran.

Krüger, Jeans, graues Sakko, muss nicht wie ein Dirigent die Einsätze vorgeben. Es ist alles eingetaktet, jeder hat seine Checkliste. Zuallererst steigen Handwerker dem Markt aufs Dach und schrauben die Schilder ab. Dann kommt die IT-Crew. "Total wichtig", sagt Krüger. Kassen und Büro werden technisch umgerüstet, um den Markt in die "digitale Rewe-Warenwirtschaft" einzubinden, also die Kontrolle zu behalten über Verkäufe und Nachbestellungen. Parallel rücken drei "Integrationsteams" an. Sie schulen das Personal.

15.000 neue Artikel gibt es in dem Rewe-Markt

Heute sind die mehr als 50 neuen Kollegen in Mariendorf dran, lernen in Kleingruppen die neuen Techniken und Sortimente kennen. Jede Menge Input steht auf dem Plan. Unterdessen schleppen Reinigungskräfte Müllsäcke durch die Gänge, spurtet eine studentischen Aushilfskraft herein, schiebt sich mühsam an einem quer im Eingang abgestellten Verkaufstisch vorbei, es sieht stark nach Lebensmittelvollzugsanstalt aus. "Wo geht’s zur Schulung?" ruft sie. Und drüben, am Kühlregal, sucht die 60-jährige Rita Krüger vom Etikettiertrupp gerade konzentriert nach Schinkenspeck und Meerrettich-Röllchen. Es gibt gut 15.000 verschiedene Artikel im gesamten Markt. Für jeden druckt ihr Trupp ein Etikett aus und bringt es am jeweiligen Fach an.

Seit 22 Jahren arbeitet Rita Krüger bei Kaiser’s in Mariendorf. Gegen 12 Uhr hat sie ihre neue Berufsbekleidung bekommen. jetzt trägt sie hellgrau, kein Gute-Laune-Rot mehr wie bisher. Fällt ihr die Umstellung schwer? "Nein, am wichtigsten ist doch, dass nun alle Kollegen ihren Arbeitsplatz sicher behalten."

Am Abend um 19 Uhr hat Steven Horn von der Marktleitung gute Laune: "Wir sind super in der Zeit." Über Nacht rückt noch eine Putzkolonne ein, der Markt soll zur Wiedereröffnung "picobello aussehen". Alles startklar bis dahin? Horn ist zuversichtlich. Sollte es Probleme geben, garantiert Rewe familiäre Hilfe. Es gibt einen Patenmarkt in der Nähe, auch die Integrationsteams leistet weiteren Beistand. Steven Horn will um 10 Uhr am Morgen wieder die Tür aufschließen. Er erwartet viel Kundschaft. Am Tag nach der Verwandlung gibt’s ein Schnäppchen: 10 Prozent auf den Einkauf.

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