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Berlin: Tafeln wie im Schloss

Bei ihm gibt es tatsächlich, was Brandenburg und Mecklenburg bieten: Ente, Taube, Reh, Zander, Stör. Volker Fuhrwerk kocht in der Berliner Oberliga. Im Grunewald setzt er auf klassisch moderne Küche.

Es ist ruhig geworden ums noble Schlosshotel Grunewald, die Zeiten von RitzCarlton und Regent mit ihrer Prunkentfaltung um fast jeden Preis sind vorbei, und der Zeitgeist weht ohne Abbiegen geradewegs durch die City. Das ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass Volker Fuhrwerk, der Küchenchef im „Vivaldi“, nicht ganz die Aufmerksamkeit genießt, die er wegen seines Könnens zweifellos verdient hätte.

Der 31-Jährige hat keinen leichten Weg hinter sich, denn er musste nicht nur gegen die Erwartung ankämpfen, dass im prachtsatten Lagerfeld-Interieur ausschließlich Luxusviktualien serviert werden, sondern auch das ziellose Herumexperimentieren eines spanischen Vorgängers vergessen machen, der das Haus praktisch gästefrei gekocht hatte.

Vorbei. Konsequent wie kaum ein anderer Chef der Berliner Oberliga hat Fuhrwerk sich in die aufgeklärte Regionalküche hineingekniet; es gibt bei ihm tatsächlich vor allem das, was Brandenburg bietet, Enten, Tauben, Rehe, dazu Zander oder Stör aus Mecklenburg. Zubereitet wird all das im Sinne moderner Klassik, nicht avantgardistisch dekonstruiert, sondern produkt- und geschmacksorientiert. Typisch sind Gerichte wie der geröstete Zander mit Steckrübe und Rosenkohl, der durch ein Risotto mit Macadamianüssen eine weltläufige, aber keineswegs exotische Abrundung erfährt.

Gelernt hat Fuhrwerk seinen Job in Magdeburg. Die paar Semester Statistik-Studium brachten ihm nichts, aber Kochen schien der richtige Weg zu sein. Ein Praktikum bei Johann Lafer öffnete neue Perspektiven, dort arbeitete er auch die ersten Jahre nach Ende der Ausbildung. Dann folgte Portugal, das „Sao Gabriel“ in der Algarve, wo Küchenchef Jens Rittmeyer auf einen Michelin-Stern zusteuerte. Später wechselte Fuhrwerk ins Berliner „First Floor“ – und war schließlich dabei, als sein alter Chef Rittmeyer nach Berlin kam und die verwaiste Küche im Schlosshotel übernahm.

Wie die Dinge so laufen: Rittmeyer entschied sich nach wenigen Monaten für das „Budersand“, ein neues Projekt in Sylt, und der Stellvertreter wurde Anfang 2010 unvorbereitet zum Chef. Ein Rezeptfundus war nicht vorhanden, eine zum Anknüpfen geeignete Tradition des Hauses ebenso wenig, und so hatte Fuhrwerk die schwierige Aufgabe, bei null zu beginnen, und das in einem Hotel, das Zufallsbesucher allein durch seinen herrschaftlichen Zugang eher abschreckt.

So kommen vor allem Gäste, die den Komfort und die Abgeschiedenheit dieses Restaurants zu schätzen wissen und dafür angemessene, aber nicht überzogene Preise zahlen. Den Teilnehmern des Workshops gibt Fuhrwerk einen gründlichen Einblick in die Grundlagen seiner Küche. Dass der dazu gereichte Kaviar nicht aus Brandenburg stammt, versteht sich dennoch von selbst ...

Vivaldi im Schlosshotel, Brahmsstr. 10, Grunewald, Tel. 89584-0, nur Abendessen von Di–Sa, Hauptgänge um 30 Euro.

Eine Serie von Susanne Leimstoll[Bernd MAtthies], Kai-Uwe Heinrich

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