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Tag der Architektur: Groß Glienicke: Clou mit Sonnenblick

Am Sonntag ist Tag der Architektur. Zahlreiche Gebäude öffnen zur Besichtigung. Darunter ist auch ein Haus in Groß Glienicke, für das Planer Alfons Wening überraschende Ideen hatte.

Groß Glienicke - Abriss oder Aufstocken? Das war die Frage, die Bauherrin Merlind Knaisch nicht allein beantworten wollte. Sie plante, mit ihrem Mann – wie sie Absolvent der Filmhochschule Babelsberg – in das Haus ihrer Eltern zu ziehen, Baujahr 1940. Aber es sollte ein Neuanfang sein, etwas Neues musste entstehen. Und größer sollte das Haus am Groß Glienicker Christophorusweg 41 auch sein. Die Entscheidung trafen die Filmproduzenten gemeinsam mit dem Architekten Alfons Wening, der mit seiner Frau Ute, einer Innenarchitektin, auch im Christophorusweg wohnt. Den Architekten in der Nähe zu haben, das war für die Bauherren das ausschlaggebende Argument.

Sowohl als auch lautet die Antwort – Architekt Wening entschied sich für den dritten Weg. Er verwendete den Keller und Teile der Haupthausmauern weiter, riss einen maroden hinteren Gebäudeteil ab und ließ einen Neubau errichten, der sich L-förmig über den Altbaubereich schiebt. Als drittes Haussegment entstand ein Treppenhaus, das sich noch über den Neubaubereich hinaus erhebt und einen Austritt auf eine Dachterrasse ermöglicht. Die drei Hauskörper sind durch unterschiedliche Oberflächen voneinander zu unterscheiden. Der Altbau ist grau und wirkt dadurch sehr modern. Verstärkt wird diese Wirkung noch durch eine neue streifenförmige Maueröffnung, das Küchenfenster. „Ich habe die Außenwände neu konfektioniert“, sagt Alfons Wening, „alte Fenster weg und neue rein.“ Das war möglich, da das Vorgängerhäuschen nicht unter Denkmalschutz stand. Wenings besonderer Clou: Er spendierte dem abendlichen Sonnensucher ein bis zum Wohnzimmerboden heruntergezogenes Fenster nach Westen, dass einen überstark betonten Betonrahmen besitzt. Eine Holzbohlenbank ermöglicht dem Bewohner den Austritt aus dem Haus, der kühle Rahmen bietet an heißen Sommerabenden eine Sitzgelegenheit. Der eigentliche Neubau strömt durch seine Holzfassade Wärme aus. Der Treppenturm als dritter Korpus im Bunde setzt sich durch einen weiß-grauen Anstrich ab.

Ausgangspunkt für eine teilweise Erhaltung des Altbaus lieferte der Bebauungsplan für das Wohngebiet. Demzufolge hätte ein völliger Neubau ins Grundstücksinnere verlegt werden müssen, da in diesem Fall ein Abstand von sechs Metern zur Straße gefordert ist. Eine freie Wiese an der mit einer „leicht schwebenden“ Terrasse ausgestatteten Südflanke des Hauses, wie nun der Fall, wäre so nicht möglich gewesen. Wening: „Diese Seite finde ich am schönsten.“

Der Architekt liefert mit seinem im April 2007 begonnenen und ein Jahr später beendeten Um- und Neubau den Beweis, dass die Erhaltung von Altbausubstanz nicht teurer sein muss als ein völliger Neubau auf der grünen Wiese. Zwar mussten die Fundamente unterstopft und die alten Mauern gedämmt werden, doch das wäre bei einer neuen Mauer auch der Fall gewesen: Das, was stehen bleibt, spart Baukosten, sagt Wening: „Wenn man sauber entkernen kann, bleibt der Gegenwert.“ Die reinen Baukosten betrugen Wening zufolge 250 000 Euro.

Der 46-jährige geborene Westfale hat auch im Inneren Hand angelegt. Die glatt-weißen Einbauschränke stammen von ihm, auch entwarf er das Hochbett im Kinderzimmer, wo ein weiterer Geniestreich Wenings auffällt: Eine Schiebelade vor dem Fenster dient nicht nur dem Sonnenschutz, sondern kann dank eines entsprechenden Anstrichs auch als Mal- oder Schreibtafel verwendet werden.

Merlind Knaisch hat es nicht bereut, sich von Wening in das moderne Wohnen entführen zu lassen. Als Kreative mag sie ein kreiertes Ambiente. Und ihre Eltern loben sie dafür, dass das Haus ein Gewinn für den Christophorusweg ist.

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