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Die dunkle Seite des Lichts. So heißt die Veranstaltung im Zeiss-Großplanetarium am Dienstag. Für alle, die Einsamkeit der Einheitsfeier vorziehen.

© M. Gambarini/dpa

Tag der deutschen Einheiten: Fünf Antiveranstaltungen zum Bürgerfest

Wer keine Lust auf große Menschenmengen und Feiertagslaune hat, muss sich am 3. Oktober nicht zu Hause verstecken. Fünf Ausweich-Tipps.

Man kann es auch so sagen: Das 27. Jahr der geeinten Bundesrepublik neigt sich seinem Ende zu. So jung wird sie nie wieder sein. Zugleich ist die Vergangenheit noch ein Jahr länger her. Wer bei Einheit eher Keinheit denkt und dem Rummel lieber aus dem Weg geht, muss sich nicht zu Hause verkriechen. Es gibt nämlich reichlich Programm. Fünf Vorschläge für Veranstaltungen, die sich nicht um die Wiedervereinigung drehen:

Antimaterie

Für manche beginnt die einsame Heiterkeit erst da, wo die Einheit beziehungsweise die Einheitsfeier endet – wie bei Physikgenie Stephen Hawking, der beim ungestörten Nachdenken schloss, dass schwarze Löcher, die eigentlich alles schlucken sollten, eine Strahlung abgeben. Was sie auch 28 Jahre nach dem Mauerfall noch tun. Deshalb an dieser Stelle ein Hinweis auf die „Dunkle Seite des Lichts“. So heißt das Programm im Zeiss-Großplanetarium in der Prenzlauer Allee 80. Ab 20 Uhr am 2. Oktober bringt der Planetariumsdirektor Tim Florian Horn dem Publikum die Konsequenzen der durch die Elektrifizierung immer heller werdenden Erde für Tiere, Pflanzen und Menschen nahe. Am 3. Oktober gibt es dann wieder versöhnliche, aber nicht minder entgrenzende Töne: In der Sternstunde um 20 Uhr verlassen wir nicht nur die Einheitsfeiern Berlins, sondern auch gleich die Milchstraße.

Zeiss-Großplanetarium, Prenzlauer Allee 80, www.planetarium.berlin

Antithesen

Wer Flugangst hat, zieht der Raumfahrt womöglich den wackeligen Boden der Theorie vor und geht zu „Armen Avanessian & Enemies #34“, wo das neue Buch von Georg Diez vorgestellt wird. Im Roten Salon diskutiert Philosoph Avanessian in hochkarätiger Runde mit Journalist und Buchautor Diez, Autorin Sophie Passmann, Journalistin Gilda Sahebi und Politik- und Sozialwissenschaftler Farhad Dilmaghani die steile These einer 2015 verpassten Chance, Deutschland neu zu gründen und eine andere, offenere Bürgergesellschaft zu schaffen. Ab 20 Uhr im Roten Salon an der Volksbühne.

Roter Salon, Rosa-Luxemburg-Platz, www.volksbuehne.berlin

Zeitgleich findet noch ein Talk statt, der garantiert kein Potenzial hat, mit einer Feier verwechselt zu werden: Im SO36 diskutiert Katja Kipping (Linke) mit der Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe über ihr kürzlich erschienenes und umstrittenes Buch „Linker Populismus“.

SO36, Oranienstraße 190, SO36.com

Antiausstellung

Um schön feiern zu können, erzählt man sich die Geschichte im Nachhinein gern als Erfüllung eines großen Plans, als wäre alles aus gutem Grund und nach höheren Gesetzen erfolgt. Was andererseits alles hätte schiefgehen können, als Günter Schabowski seine berühmten Worte sprach, hat über die Jahre zahlreiche chaostheoretische Fantasien beflügelt. Grund genug, sich vielleicht dem Gestaltungsprinzip Zufall zuzuwenden – etwa in der Ausstellung „Koinzidenzen“ in der Galerie Carpentier, in der Petrov Ahner Bilder von unvorhergesehenen Begegnungen zeigt.

Galerie Carpentier; Meinekestraße 12a/13, www.carpentier-galerie.de

Antipasti

Von Unvorhergesehenem zu gar nicht Gesehenem: Wer bei großen Anlässen und Menschenmassen weniger Dabeiseinsfreude als bedrängende Augen-zuund-durch-Impulse verspürt, kann seine Sehorgane im Nocti Vagus wieder entspannen und dabei umso gelassener Gaumenfreuden frönen. Auch am 3. Oktober kann man in dem mehrfach ausgezeichneten Dunkelrestaurant ein 4-Gänge-Menü zu sich nehmen und nach Herzenslust kleckern – es sieht eh keiner.

Nocti Vagus, Saarbrücker Straße 36, www.noctivagus.de

Antibühne

Eine ähnlich negative Beziehung zum Raum wie Augenlider haben auch Vorhänge. Während sich draußen alles um den Fall des eisernen dreht, fällt in der Schaubühne der Premierenvorhang für das Stück „Null“ von Herbert Fritsch, in dem es wiederum um die Zahl geht, die die Leere mathematisch ausdrückt.

Schaubühne, Kurfürstendamm 153, www.schaubuehne

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