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Berlin: Tag des offenen Denkmals: Häuser, die Schule machen

Schulhäuser in den Mittelpunkt des Denkmaltages zu stellen, ist eine ebenso hübsche wie längst fällige Entscheidung. Wer in ein altes, sagen wir mal ungefähr hundert Jahre altes Schulhaus eingeschult wurde, kann sein Leben lang diesen Geruch von Bohnerwachs, Pausenbrot und Kindererhitzung nicht vergessen.

Schulhäuser in den Mittelpunkt des Denkmaltages zu stellen, ist eine ebenso hübsche wie längst fällige Entscheidung. Wer in ein altes, sagen wir mal ungefähr hundert Jahre altes Schulhaus eingeschult wurde, kann sein Leben lang diesen Geruch von Bohnerwachs, Pausenbrot und Kindererhitzung nicht vergessen. So konnte einer seine Volksschule mit verbundenen Augen erkennen. Nach dem Kriege wurden aus Volks- dann Grundschulen. Und vor den Volksschulen hießen sie "Gemeindeschulen". Von diesen stehen noch etliche in Berlin und stehen dankenswerterweise unter Denkmalschutz.

Da ist zum Beispiel in Friedrichshain, Hausburgstraße 20, die 1906 erbaute Gemeindedoppelschule heute eine der Staatlichen Europa-Schulen. Sie wird am Denkmalstag geöffnet. Wer hat sie erbaut? Na, wer schon: Stadtbaurat Ludwig Hoffmann. Er baute ungefähr fünf Dutzend Schulen in Berlin, also nicht nur den Märchenbrunnen, das Stadthaus und dergleichen mehr.

Aus Theodor Fontanes fragmentarischem Nachlass (um 1893) ist folgende Passage recht passend: "Dann wachsen überall die Gemeindeschulen wie Pilze aus der Erde, aber lange nicht so hübsch wie Pilze. Sie haben was von einem Verlies. Die Heiterkreit freier Wissenschaft kommt sehr unvollkommen zum Ausdruck. Sie wirken einschüchternd, als habe sich der Bakel des vorigen Jahrhunderts eine Kunstform gesucht."

Was hätte Fontane wohl zu diesen Gehäusen gesagt, in die heutige Schüler geschickt werden bis man entdeckt, dass Asbest Kinder und Lehrer befällt?

Und gibt es weit und breit überhaupt noch eine Schule, in der oder bei der der Rektor wohnt? Die Rektoren oder Direktorenwohnungen stehen zum Teil noch (am Friedenauer Gymnasium Perelsplatz heute als Kindergarten, hinterm ehemaligen Joachimsthalschen Gymnasium an der Bundesallee, am Fasanenplatz, was der Hochschule der Künste zugeteilt ist (Führung auch dort).

Jungen und Mädchen waren ja in alter Zeit hübsch voneinander getrennt. So finden sich an einigen Zugängen so alter Gemeinde- oder Volksschulen noch Hinweise auf "Knaben" und "Mädchen".

Das ist an der Charlottenburger Danckelmannstraße noch zu finden und zwar neben dem früheren "Lediegenheim", einem Männerhaus, das der Volksmund "Bullenkloster" nannte (jetzt Studentenheim). Hier gibt es einen sozialgeschichtlichen, meinethalben kulturgeschichtlichen Zusammenhang mit dem Volksschulbau. Hier baute nämlich die "Volkswohnheim AG" 1907 das Ledigenheim unter der Auflage, im Hof eine Volksbadeanstalt (Brause- und Wannenbäder) einzurichten. Diese im Keller gelegene Badeanstalt gab es noch bis vor ungefähr 15 Jahren.

Der Schulbezug ist folgendermaßen: Die Schule wurde zur selben Zeit gebaut, für Mädchen mit Zugang von der Nehringstraße aus, für Knaben von der Danckelmannstraße. Das Bad war seinerzeit eines von jenen, die durch Anweisung der Schulbehörde von den Schülern benutzt werden musste. Es gab ja in den Mietshäusern keine Badezimmer (übrigens auch nicht einmal in Villen!). Die Schüler, je nach Alter und Geschlecht, hatten soundsooft klassenweise in die Volksbadeanstalten geführt werden müssen - der Reinlichkeit wegen. Mit der Sanierung hier des Klausenerplatz-Viertels wurde auch der Badekeller entbehrlich. Solches zu wissen, ist denkwürdig, auch wenn zum Beispiel diese Schule, dieses "Bullenkloster" und der Hofkeller nicht im Prospekt des Denkmalstages aufgeführt sind.

Ekkehard Schwerk

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