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Berlin: Tagesspiegel-Spendenaktion für Obdachlose: Ein trockener Tag im Container-Dorf

"Die Leute kommen über die Grundversorgung", sagt Beate Glaub, Sozialarbeiterin im Treffpunkt für Obdachlose am Kurt-Schumacher-Platz. Essen, Trinken, Duschen, Wäschewaschen - das ist das Basisangebot des kleinen Containerdorfs in der Reinickendorfer Meteorstraße.

"Die Leute kommen über die Grundversorgung", sagt Beate Glaub, Sozialarbeiterin im Treffpunkt für Obdachlose am Kurt-Schumacher-Platz. Essen, Trinken, Duschen, Wäschewaschen - das ist das Basisangebot des kleinen Containerdorfs in der Reinickendorfer Meteorstraße. Aber der Treffpunkt bietet dienstags bis sonnabends von 14 bis 18 Uhr mehr als die meisten Suppenküchen und Wärmestuben. Die Mitarbeiterinnen beraten die Frauen und Männer bei Problemen mit dem Sozialamt, begleiten sie zu den gefürchteten Behörden. Bislang hatte der Treffpunkt dafür drei Stellen.

Jetzt hat das Bezirksamt den Rotstift angesetzt: 30 Prozent der Zuwendungen werden dem Projekt des Internationalen Bundes für soziale Arbeit ab 2001 gestrichen - 110 000 Mark weniger im Jahr. Eine Sozialarbeiterin muss gehen. Statt an fünf Tagen in der Woche kann der Treffpunkt bald nur noch vier Mal öffnen. Und die neue Küchenzeile als Ersatz für die Notlösung, mit der im Schnitt 50 Obdachlose pro Tag versorgt werden, ist nun unerschwinglich geworden. Helfen könnte eine Spende aus der Obdachlosen-Aktion des Tagesspiegels.

Die Einrichtung des Küchen- und Gemeinschaftscontainers ist spartanisch, aber es ist warm und trocken. Auf dem etwas wackeligen Selbstbau-Tresen der Kochnische stehen Teller mit Brot, Wurst und Käse, daneben Kuchen, den ein Café gespendet hat. Die einfachen Tische und Stühle sind zu Sitzgruppen zusammengerückt. Peter, ein 51-jähriger Gartenarbeiter, hat die rissigen Hände um einen warmen Kaffeebecher gelegt. Der Treffpunkt in der Meteorstraße ist sein Wohnzimmer, seit vielen Jahren. Sein Schlafplatz ist ein geheimer Ort auf einem Weddinger Friedhof. "Ich kann nicht mit anderen zusammenwohnen", sagt er. Er kommt nur zum Essen, zum Waschen und zum Quatschen. Eva-Maria Heise macht sich im Winter um ihn Sorgen. Der drahtige, fast zahnlose Mann lächelt und schwärmt von seinem Schlafsack - "bis minus 18 Grad".

Es gibt nur zwei Regeln im Container: Keine Gewalt, keine Drogen und kein Alkohol. Hilfe wird niemandem aufgezwungen, aber der Beratungscontainer steht immer offen. Der Mann am Nebentisch hat sich helfen lassen: Von der "Platte" - dem Schlafen in der S-Bahn und in Parks - ist er vor ein paar Monaten in die "Platte" in Hohenschönhausen umgezogen. "Ich glaube, ich packe das", sagt er. Trotzdem kommt der Mann jeden Tag in die Meteorstraße. In seiner Ein-Zimmer-Wohnung ist er allein. Im Treffpunkt wartet eine Gemeinschaft auf ihn.

Ungewöhnlich ist auch das das große Freizeitangebot des Projekts: Die Sozialarbeiterinnen organisieren Freikarten für Kinos, Theater und Opern, bieten Museumsbesuche an und Ausflüge am Wochenende. Am vergangenen Sonntag waren Beate Glaub und ihre Kollegin Eva-Maria Heise mit 30 Besuchern in Dresden. Es geht den engagierten Frauen darum, die Obdachlosen, die oft Alkohol- und Drogenprobleme haben, behutsam aus ihrem Milieu herauszuführen.

In dem Container hinter der Hygienestation mit Dusche, Wasch- und Trockenmaschinen geht es auf den ersten Blick zu wie im Hinterzimmer einer Kneipe. An zwei Tischen sitzen Männer und spielen Skat - ohne Bier und Schnaps. Wenn es doch nur mehr Orte für Obdachlose geben würde wie den Treffpunkt, "wo man Probleme zwischen Tür und Angel lösen kann" und immer satt zu essen bekomme, sagt der 51-jährige Jan Markowski. "Dann würden nicht so viele von uns auf die schiefe Bahn geraten."

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