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Die Architekten Moritz Mungenast, Frank Heinlein und Jana Revedin diskutierten mit Chefredakteur Lorenz Maroldt (von links).

© Kerstin Müller

Tagesspiegel-Veranstaltungsreihe „Liquid City“ in Berlin: Der Stoff, aus dem die Zukunft ist

Aluminium, Polycarbonat oder Erde - auf der Tagesspiegel-Veranstaltung "Liquid City" diskutierten Experten über die Baustoffe der Zukunft.

Berlin besteht, wie Belo Horizonte, Beijing und unzählige andere Städte, vor allem aus Beton. Daran wird sich auch in absehbarer Zukunft nicht viel ändern. Doch neue Materialien werden dazukommen, althergebrachte anders verarbeitet werden. Und Beton wird bald oft ganz anders beschaffen und produziert sein als bisher. Zu diesem Ergebnis kamen die drei Architekten Jana Revedin, Moritz Mungenast und Frank Heinlein auf der vierten Veranstaltung der vom Tagesspiegel organisierten und von Mercedes- Benz unterstützten Diskussionsreihe „Liquid City“. Sie wurde von Chefredakteur Lorenz Maroldt moderiert.

Heinlein, Mitarbeiter im renommierten Stuttgarter Architekturbüro von Werner Sobek, betonte, dass in absehbarer Zukunft die gleichen Grundmaterialien wie derzeit dominieren würden. Da aber selbst Sand und Kies inzwischen nicht mehr „wie Sand am Meer zur Verfügung“ stünden, müsse man viel mehr als bisher darauf achten, dass Häuser weitgehend recyclebar zu sein hätten.

Besser recyclebar

Für ihn sind gerade deshalb viele neuere Baukomponenten ein kompletter Irrweg. Denn diese Verbundmaterialien seien nicht wiederverwendbar, sondern würden letztlich zu Sondermüll. Man müsse deshalb weg von kaum in eine Kreislaufwirtschaft rückführbaren verklebten und beschichteten Kunststoffen, von imprägnierten Hölzern, aber auch von Metalllegierungen.

Heinlein zeigte Beispiele von Häusern seines Büros, die komplett aus wiederverwerteten oder nachwachsenden Komponenten bestehen, etwa das bundeseigene Modellhaus in der Berliner Fasanenstraße 87. Selbst Teppiche, so Heinlein, würden geklemmt und nicht verklebt – und vom Hersteller zurückgenommen und wiederverwendet. Als ideales Strukturelement nannte Heinlein Aluminium, weil es zwar aufwendig in der Produktion, aber „komplett wiederverwendbar“ sei. Mungenast, der am Lehrstuhl für Entwerfen und Gebäudehülle der TU München arbeitet, widersprach hier. Er sei früher selbst ein Alu-Fan gewesen, ein Film über Bauxit-Abbau und -Verhüttung habe ihn allerdings komplett umgestimmt.

Polycarbonat - nur ein Zwischenschritt

Mungenast selbst arbeitet an Gebäudehüllen aus lichtdurchlässigem Polycarbonat. Deren komplexe Strukturen, die isolierende, tragende, im Sommer abschattende und im Winter Licht einlassende Eigenschaften verbinden, kommen aus dem 3-D-Drucker. Als erdölbasierter Kunststoff seien sie aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu ressourcenschonenderen Materialien. Dazu werde auch Beton gehören. Denn mit 3-D-Druckverfahren könnte man Bauelemente herstellen, die weniger massiv seien und das Material nur dort konzentrierten, wo es statisch benötigt werde.

Revedin, Professorin für Architektur und Städtebau an der École Speciale d‘Architecture Paris, plädierte dafür, Städte- und Gebäudeplanung vor allem aus der Sicht der zukünftigen Bewohner zu konzipieren und stärker interdisziplinär zu organisieren. Gefragt, was für sie das Baumaterial der Zukunft sei, sagte sie: „Erde, Erde, Erde!“ Denn mehr als 70 Prozent des Planeten seien erdbautauglich. Als Beispiele nannte sie unter anderem die Projekte des Berliner Architekten Francis Kéré in dessen Heimatland Burkina Faso. „Mit diesem Material wird uns der Süden der Erde noch sehr überraschen“, so Revedin.

Liquid City ist eine Veranstaltungsreihe des Tagesspiegels und wird unterstützt von Mercedes-Benz.

Die nächste Veranstaltung findet am 19. April 2018 zum Thema „Energized City“ statt.

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