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Berlin: „Taktische Gründe“: Neonazis verzichten auf Demo am 1. Mai

Polizei fürchtet dennoch wieder Krawalle in Kreuzberg bei linken Aktionen. Autonome melden zusätzliche Aufzüge an. Morgen Proteste in Mitte

Die Karten für den 1. Mai werden neu gemischt: Berlins Neonazis haben nach Informationen des Tagesspiegels ihre Demonstration in der Stadt abgesagt. Ohne Begründung wurde der geplante Marsch vom Alexanderplatz zum Bahnhof Lichtenberg jetzt bei der Versammlungsbehörde der Polizei storniert. Die befürchteten Auseinandersetzungen am Rande des Aufzuges bleiben damit aus, in der Polizei wächst aber dennoch die Sorge vor Krawallen am 1. Mai. Die Behörden erwarten, dass die linke Szene zum 20. Jahrestag der häufig gewalttätigen Kreuzberger Mai-Demonstrationen besonders mobilisieren wird.

Wie berichtet, hatte die rechte Szenegröße Sebastian Schmidtke den jetzt abgesagten Marsch von NPD und Kameradschaften angemeldet. Linke Gruppen hatten gegen den Zug mobilisiert. Zuletzt gab es 2004 eine NPD-Demo in Berlin, damals brannten Autos, flogen Steine. Berlins NPD-Landesvorsitzender Eckart Bräuniger sagte, der Demo-Verzicht sei „taktisch begründet“. Er kündigte jedoch an, „Berlin mit einer Aktion zu überraschen“, was geplant sei, sagte er nicht.

Die gewaltbereite Linke mobilisiert unterdessen offen. Wie berichtet, will die Szene in diesem Jahr das 20. Jubiläum der Kreuzberger Krawalle „feiern“, 1987 hatte es erstmals gekracht. Zudem steht der Weltwirtschafts-Gipfel in Heiligendamm bevor, gegen den schon agitiert wird. Überraschend wurde jetzt eine zweite Mai-Demo angemeldet. Diese soll am Vorabend des 1. Mai von Kreuzberg 36 zum Boxhagener Platz in Friedrichshain ziehen. Ob sie genehmigt wird, ist unklar. Auf dem Boxhagener Platz soll in der Nacht zum 1. Mai wieder ein Walpurgisfest der Autonomen stattfinden. Dort gab es bisher regelmäßig Krawalle.

Fest steht hingegen, dass der zweite Autonomenaufmarsch, der für den Abend des 1. Mai angemeldet wurde, nicht über die gewünschte Route ziehen wird. Denn diese Demo „Gegen Sozialabbau und G8-Politik“ führt durch das vom Bezirk veranstaltete „Myfest“ an der Oranienstraße. Auch in den Vorjahren hatte die Polizei diese „18-Uhr“-Demo verboten. Der Umzug wurde als Provokation gegen das in der Gewaltszene verhasste Straßenfest gewertet. Es war 2003 erfunden worden, um die Krawalle einzudämmen – was immer besser funktionierte. Bezirksbürgermeister Franz Schulz sagte, in diesem Jahr sei das Fest noch größer. Innensenator Ehrhart Körting sieht dem 1. Mai „mit etwas Optimismus“ entgegen. Zumindest sind neben den beiden krawallverdächtigen Demos auch zwei friedliche angemeldet.

Unklar bleibt, was die linke Szene morgen veranstalten will. Mobilisiert wird für den Abend zum Hackeschen Markt, um gegen die Räumung des Kopenhagener Jugendzentrums Ungdomhuset zu protestieren. Unterdessen haben Linksautonome in der Nacht zu Donnerstag einen Brandanschlag auf Firmenräume der Dussmann-Gruppe in der Pankower Galenusstraße verübt. Es entstand geringer Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt. Bei dpa ging ein Bekennerschreiben „autonomer Gruppen“ ein, das den Anschlag mit den von Dussmann gezahlten „Hungerlöhnen“ begründet.

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