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Berlin: Tanzen verboten

Mitte ist weltberühmt für sein Nachtleben. Das könnte bald vorbei sein. Denn das Bezirksamt macht einigen Clubbetreibern das Leben schwer – weil „Vergnügungsstätten“ nicht überall erlaubt sind

Für sein Nachtleben ist Berlins Mitte berühmt – aber manche fürchten: nicht mehr lange. Der Bezirk mache den Betreibern das Leben schwer, klagt die Club Commission. Sie ist ein Zusammenschluss von Club-, Party- und Kulturveranstaltern. Tanzen soll auf einmal verboten sein, denn es sei in dieser Art Stadtgebiet nicht zulässig, meint das Bezirksamt. Mehrere Betriebe haben schon entsprechende Bescheide bekommen. Mittes Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne) betont zwar, es handele sich lediglich um drei Einzelfälle; Gerüchte besagen aber, es gebe eine regelrechte „Abschussliste“, auf der etwa zehn Clubs stünden. „Der Vergnügungscharakter von Mitte soll zurückgefahren werden“, fürchten einige.

So haben zum Beispiel „Kurvenstar“ am Hackeschen Markt, der „King Kong Club“ in der Brunnenstraße und die „Lola Lounge“ in der Rosa-Luxemburg-Straße Probleme mit den Behörden, jeweils aus anderen Gründen. Wer das verstehen will, muss sich in die Niederungen des Bau- und des Gaststättenrechts begeben. Um eine Kneipe zu betreiben, braucht der Wirt eine Gaststättenkonzession und eine Bauerlaubnis. Damit soll sichergestellt werden, dass Besuchern und Anwohnern keine Gefahren drohen – sei es von einem unzuverlässigen, trunksüchtigen Wirt oder durch lose Teile einer maroden Bruchbude. Welche Art von Betrieb genehmigt werden kann, hängt außerdem von der Gegend ab. Ist es ein allgemeines Wohngebiet, so dürfen normale Kneipen betrieben werden, „Vergnügungsstätten“ jedoch nicht. Im so genannten Mischgebiet dürfen Kneipen und Hotels stehen und Vergnügungsstätten auch.

Die Spandauer und Rosenthaler Vorstadt sind zum Teil Mischgebiet, zum Teil allgemeines Wohngebiet. So darf der Inhaber des „King Kong Clubs“ an der Brunnenstraße (allgemeines Wohngebiet) bloß nicht den Eindruck erwecken, die Leute würden bei ihm tanzen. Denn das ist für die Behörde gleichbedeutend mit einer Vergnügungsstätte und somit verboten. Beim „Kurvenstar“ hat sich die Behörde nach sieben Jahren überlegt, dass sie das Tanzen nun doch nicht mehr für erlaubt hält.

Dabei ist gar nicht richtig klar, was eine Vergnügungsstätte eigentlich ist. „Nicht überall, wo eine Discokugel hängt und einer Platten auflegt, ist gleich eine Diskothek oder Vergnügungsstätte“, sagt zum Beispiel Mittes Wirtschaftsstadtrat Dirk Lamprecht (CDU). Experten sagen, es komme auf das Gepräge an: Geht man vorrangig zum Essen oder Trinken in einen bestimmten Laden, und vielleicht tanzt man auch, dann kann es eine „Gaststätte mit besonderer Betriebseigentümlichkeit“ sein. Geht man aber vorrangig zum Tanzen, isst und trinkt aber nebenher auch was, dann ist es eine Vergnügungsstätte. Lamprecht bringt die Sache auf den Punkt: „Die Clubkultur ist mit den geltenden Rechtsvorschriften eigentlich nicht zu fassen.“ Was gilt und was wünschenswert ist, darüber wird im Bezirksamt auch intern gestritten.

„Kurvenstar“-Betreiberin Theresa Piejek hat gegen das Tanzverbot geklagt. Das Verwaltungsgericht wolle sich das Lokal demnächst angucken, sagt ihr Anwalt. Dubrau hält diese Taktik für unklug: „Wir haben viele Kneipen, die mehr veranstalten als sie dürfen. So lange sie in Frieden mit ihren Nachbarn leben, haben wir nichts dagegen.“ Über Lärm aus dem „Kurvenstar“ hatten sich Anwohner beschwert.

Fatina Keilani

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