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TARIFSTREIT IN BERLIN: Ob Streik oder nicht – bei der BVG kommt es heute zu Ausfällen

Verhandlungen bis in die Nacht: Verdi droht mit erneutem Stillstand. Nahverkehrsbetrieb hat für heute vorsichtshalber Notfahrplan vorbereitet.

Die Zeichen stehen bei der BVG erneut auf Arbeitskampf. Bei Redaktionsschluss standen die Verhandlungen zwischen Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen, Finanzsenator Thilo Sarrazin und BVG-Chef Andreas Sturmowski auf der Kippe. Die Gewerkschaft Verdi ließ offen, ob der für heute beschlossene Streik stattfindet oder doch noch ausgesetzt wird. Die Verhandlungspartner, die sich auf eine lange Nacht eingerichtet hatten, waren am späten Abend an einem geheim gehaltenen Ort zusammengekommen. Zuvor hatte Verdi angekündigt, den Arbeitskampf sofort aussetzen zu können, falls es positive Signale gebe. Mit oder ohne Streik: Zumindest heute früh müssen BVG-Fahrgäste damit rechnen, dass ihre Bahn oder ihr Bus gar nicht oder aber zu spät kommt. Die BVG bereitete gestern ihren Notfahrplan für heute vor. Bereits am Nachmittag informierte sie die Fahrgäste auf Hinweistafeln, dass ab Mitternacht wieder gestreikt werden würde. Sollte der Streik erst am Morgen abgeblasen werden, würde es trotzdem Stunden dauern, zum Normalverkehr zurückzukehren.

So gut wie sicher ist, dass auf den Buslinien, die von privaten Unternehmen im Auftrag der BVG betrieben werden, heute früh keine Busse unterwegs sein werden. Fahrer und Fahrzeuge sind zunächst für den Notverkehr eingeteilt. Auch hier braucht die BVG nach der Absage eines Streiks mehrere Stunden, um diese Linien auch wieder nach Fahrplan betreiben zu können. Nur bei einer Absage des Streiks noch vor Mitternacht hätte die BVG nach Angaben ihrer Sprecherin Petra Reetz Einschränkungen im Verkehr vermeiden können.

Dem Vernehmen nach war Sarrazin schon vor dem Gipfeltreffen, das Stumpenhusen angeregt hatte, bereit, das Angebot der Arbeitgeber aufzustocken. Der Finanzsenator wollte ursprünglich nur den Beschäftigten der BVG, die nach dem Herbst 2005 eingestellt worden sind, höhere Einkommen zugestehen, weil sie erheblich weniger verdienen als ihre schon länger beschäftigten Kollegen. Die Koalitionsparteien SPD und Linke waren sich aber schon zuvor einig gewesen, dass auch die Altbeschäftigten zumindest einen Ausgleich in Höhe der Inflationsrate erhalten sollen. Deutlich mehr Geld sollen die Neubeschäftigten bekommen.

Am Nachmittag waren die Gespräche zwischen Verdi und dem Kommunalen Arbeitgeberverband auf Arbeitsebene fortgesetzt worden. Offiziell vereinbarten beide Seiten Stillschweigen, dem Vernehmen nach aber waren die Fronten verhärtet. Nach Tagesspiegel-Informationen soll Verdi darauf beharren, anders als beim Bundesabschluss die Arbeitszeit nicht zu verlängern. Die BVG dagegen soll bereit gewesen sein, den Potsdamer Kompromiss weitgehend zu übernehmen. Verdi fordert für die 11 500 BVG-Beschäftigten Gehaltssteigerungen zwischen drei und neun Prozent. Die BVG hatte angeboten, 20 Millionen Euro, verteilt auf zwei Jahre, für Lohnerhöhungen aufbringen zu wollen. Die Stimmung in der gewerkschaftlichen Tarifkommission, der 50 Verdi-Vertrauensleute angehören, ist weiterhin explosiv. Die Gewerkschafter sehen kein Entgegenkommen des Senats. Es werde nicht anerkannt, dass auch die Altbeschäftigten bei dem Tarifabschluss vor drei Jahren erhebliche Gehaltseinbußen hinnehmen mussten – nämlich die Streichung des Urlaubsgeldes sowie die Reduzierung des Weihnachtsgeldes auf 1000 Euro.

Bei einem Streik würde die Hauptlast des Nahverkehrs wieder auf die S-Bahn entfallen. Diese will nach Angaben eines Sprechers weiter nach Fahrplan fahren. Anders als bei dem 15-tägigen Streik vor Ostern sollen die Züge aber nicht verlängert werden; bei Bedarf will die S-Bahn auf dem Ring aber mehr Züge einsetzen.

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