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Tattoo-Convention: Elfen für die Ewigkeit

Bis Sonntag läuft die Tattoo-Convention in Treptow. Hier wird in die Haut genadelt, was angesagt ist.

Vier Jahre hat Willie Stephens gewartet und gesucht. Nun hat der 29-jährige Zimmermann den Tätowierer seines Vertrauens gefunden: Csaba Müllner aus Barcelona soll es sein, ein erfahrener kahlköpfiger Hautkünstler mit Nasenpiercing, der ihm von einem Freund empfohlen wurde und nur während der Tattoo Convention in Deutschland ist. Stephens sitzt am Freitag stundenlang an seinem Stand und wartet, bis der Auserkorene ein Bild für ihn entwirft – Stephens erstes Tattoo soll nämlich ein Unikat werden. Einzige Bedingung: Die Elemente Feuer und Erde müssen vorkommen, weil diese eine Rolle in den Sternzeichen seiner Kinder spielen. Der Handwerker ist Romantiker.

Bereits kurz nach der Eröffnung der jährlichen Tattoo-Messe in der Treptower Arena-Halle surrt es leise in allen Ecken, viele der rund 50 internationalen Tätowierer haben ihre ersten Kunden. Ein Mann liegt mit dem blanken Hinterteil über einen Stand gebeugt, auf seinem Gesäß wird gerade mit über sechstausend Nadelstichen pro Minute ein altertümlicher Krieger mit Schwert verewigt.

Die Tattoo-Convention bietet alles für den Szenebedarf: Die neusten Stechmaschinen, die angesagtesten Hautfarben, die ausgefallensten Motive. Aber auch Totenkopfkleider bei Modelables mit dem gewissen düsteren Etwas, Piercings und Schmuck können ersteigert werden. Bis Sonntag gibt es eine Modewelt der etwas anderen Art zu bestaunen: Mit Silikon eingespritzte Hörner auf der Stirn, tätowierte Gesichter und Frauen mit schwarzen Rüschenschlüpfern fallen nicht weiter auf. Die Haustechniker mit ordentlichen Kurzhaarschnitten und blauem Overall dagegen sehr.

Silke Dold von „HardArt“ ist in der Tattoo-Welt zu Hause. Zusammen mit ihrer Schwester vertreibt sie europaweit Entwürfe für die nicht abwaschbare Körperkunst. „Welche Motive gerade angesagt sind, ist regional unterschiedlich“, sagt die 23-jährige Geschäftsfrau mit roten Zöpfen. In Norddeutschland seien Wikingerfratzen in Mode. Im Süden waren bis vor kurzem Sterne gefragt. Inzwischen stünden Feen und Elfen hoch im Kurs, bei Frauen auch verzierte Blumen. „Sogenannte Arschgeweihe“ seien dagegen absolut „out“ – so sehr, dass sie heute nur von sehr Mutigen getragen würden.

Berliner Tätowierer sind in der Messehalle eher spärlich vertreten. Adriaan Morales etwa arbeitet bei „Kreuzstich“, ein Studio in der Adalbertstraße. Der 30-Jährige hat vor fünf Jahren angefangen, in dem er zunächst an „guten Freunden“ üben durfte. Das machen alle so. Zu ihm kommen sehr unterschiedliche Kunden ins Studio – junge Leute mit jungfräulicher Haut ebenso wie 60-Jährige zum Nachstechen oder Mütter, die ihren Kindern nacheifern wollen. „Es werden in letzter Zeit deutlich mehr“, sagt Morales. Wahrscheinlich, weil immer mehr Stars im Fernsehen es vormachen. Chuxiao Liao lässt sich gerade eine Blume und einen Fisch auf die Schulter gravieren – ein chinesisches Symbol für Glück. Er blickt tapfer geradeaus. Liao studiert klassische Musik und trägt bereits zwei Tattoos. Schon vor Tagen hat er sich im Internet mit „Dong Dong“ verabredet – der Tätowierer sei in seiner Heimat Peking ein Star. Angst, dass ihn die bunte Haut im Alter stören könnte, hat er keine. „Ich mag Metall“, sagt er. Das sei eine Liaison fürs Leben.

Ferda Ataman

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