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Berlin: Tattoo macchiato

Berit Uhlmann hat in der Potsdamer Straße ein Café mit ungewöhnlichem Konzept aufgemacht

Die meisten Menschen machen um Läden, in denen Körperteile tätowiert oder durchstochen werden, lieber einen Bogen. Für ihr neu eröffnetes Tattoo- und Piercing-Geschäft in der Potsdamer Straße hat sich Berit Uhlmann deshalb ein ungewöhnliches Konzept ausgedacht: Auf den ersten Blick sieht „Tatau Obscure“ aus wie ein schickes Café. Am Eingang stehen kleine rosa Tische und silbern bespannte Sofabänke, an der Theke gibt es Kaffee, Käsekuchen und Spinatquiche. „Wir wollen den Leuten die Schwellenangst nehmen“, sagt Uhlmann und fügt hinzu, dass Gäste, die nur ein Stück Kuchen essen oder einen der ausgestellten Kunstgegenstände kaufen wollen, ausdrücklich willkommen sind.

Ein halbes Jahr lang hat Berit Uhlmann mit Freunden, Mitarbeitern und Handwerkern Fliesen gelegt, Fenster eingebaut und Möbel ausgewählt. Geld war dabei ein großes Problem – die Bank lehnte ihren Antrag auf einen Investitionskredit in Höhe von 50 000 Euro ab. Also lieh sich die Chefin die nötigen Mittel nach und nach bei Freunden zusammen. Das Ergebnis sind großzügige, durchgestylte Räume in knalligen Farben. Nur die Stellen, an denen gepierct und gestochen wird, sind schlichter und klinisch sauber. Empfindliche Cafébesucher bekommen sie gar nicht erst zu sehen: Der Piercing-Raum ist abgetrennt, tätowiert wird auf der Galerie. Schmerzensschreie, bei denen den Gästen der Kuchen im Hals stecken bleibt, wird es auch nicht zu hören geben, sagt die Chefin: „Das tut heutzutage nicht mehr so weh.“ Die 38-Jährige, die ursprünglich aus Ostfriesland kommt, tätowiert seit einem Jahrzehnt, ihr Mit-Tätowierer mehr als doppelt so lange.

Wer sich beim Kaffeetrinken spontan für ein Brauen-Piercing entscheidet, kann nicht gleich zum Tätowierer durchgehen. Er braucht einen Termin. Und das kann dauern: Uhlmann erwartet, dass die Stammkundschaft ihres einstigen Ladens in Kreuzberg auch das neue Geschäft in Tiergarten besucht.

Für die Zukunft wünscht die Chefin sich, dass ihr fünfköpfiges Team weiter wächst – geplant sind beispielsweise Gasttätowierer, also Körperkünstler, die für eine begrenzte Zeit in ihrem Laden arbeiten. Außerdem will sie neben Kuchen, Kunst und Kimonos bald Essen anbieten – Räucherfisch, Roggenbrot, Salate. Im Seitenflügel ist noch Platz, dort soll die Küche hin.

Theresa Bäuerlein

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