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Update

Techno-Szene: Loveparade-Cheforganisator und E-Werk-Betreiber überraschend verstorben

Ralf Regitz ist tot. Der Technoaktivist und einstige Cheforganisator der Loveparade verstarb Mitte vergangener Woche völlig überraschend im Alter von 46 Jahren, wie das E-Werk am Montag mitteilte.

Das E-Werk an der Wilhelmstraße in Mitte hatte Regitz in den Neunzigern zu einem Tanztempel von Weltruf ausgebaut: DJs wie Paul van Dyk und Westbam legten hier regelmäßig auf, die internationale Techno-Elite stand hier an den Plattenspielern. 1997 musste der Partybetrieb in dem einstigen Umspannwerk eingestellt werden. Acht Jahre später feierte der Club seine Wiedereröffnung als Eventlocation. Regitz war beim E-Werk als Geschäftsführer tätig und betrieb zudem das Café Moskau an der Karl-Marx-Allee in Mitte.

„Wir stehen nun vor der Mammutaufgabe, die Lücke zu füllen, die Ralf Regitz hinterlässt“, sagte E-Werk-Betreiberin Silke Friedrich. Noch Anfang letzter Woche hatte sie mit ihm neue Projekte besprochen. Er habe weder krank noch gesundheitlich angeschlagen gewirkt. Zwei Tage später habe er sich abends ins Bett gelegt und sei „nicht wieder aufgewacht“. Ob es eine Obduktion zur Klärung der Todesursache geben und wann die Beisetzung erfolgen wird, dazu konnte Friedrich keine Angaben machen.

Die Szene reagierte entsetzt auf die Nachricht. „Ich stehe völlig unter Schock“, sagte Tresor-Betreiber Dimitri Hegemann. Die beiden hatten sich 1986 an der TU kennengelernt. Regitz studierte Architektur und half Hegemann bei der Organisation eines Musikfestivals in der Uni-Mensa. „Er hatte immer ein offenes Herz für das Schräge“, erinnert sich Hegemann. Später betrieben sie in der Köpenicker Straße das Ufo, eine der Keimzellen der Berliner Technoszene; in den Neunzigern waren sie Nachbarn – der Tresor und das E-Werk befanden sich in Sichtweite. Zuletzt standen sie in engem Kontakt, weil Regitz Hegemann bei neuen Vorhaben helfen wollte. Am Freitag waren sie zu einem Treffen verabredet, zu dem Regitz nicht erschien. Kurz darauf erfuhr Hegemann von seinem Tod.

Ähnlich erschüttert wie Hegemann zeigte sich auch Paul van Dyk, der Regitz seinen Aufstieg zum internationalen Star-DJ mitzuverdanken hat. „Ralf Regitz war einer der ersten Protagonisten der elektronischen Musikszene in Berlin“, sagte er auf Anfrage. Seine Kreativität und Ideen seien wegweisend gewesen und würden bis heute wirke. Darüber hinaus sei er immer ein sehr fröhlicher, netter und verlässlicher Mensch gewesen, den man einfach gerne um sich hatte. „Wir werden ihn sehr vermissen, und ich bin sicher, nicht nur wir.“

Doch Regitz hatte nicht nur Fürsprecher, mit einigen seiner ehemaligen Weggefährten aus Loveparade-Zeiten hatte er sich überworfen. Unter anderem mit Dr. Motte. „Ralf war ein umstrittener Kollege“, sagte der Loveparade-Erfinder dem Tagesspiegel. Wegen Meinungsunterschieden über die Zukunft der Parade, die sich Regitz kommerzieller vorstellte, kam es zwischen den beiden 2004 zum Zerwürfnis. „Unumstritten ist, dass er die elektronische Tanzmusik in Berlin durch sein Zutun geprägt und gefördert hat.“

Fabian Lenz, ehemaliger Geschäftsführer der Loveparade GmbH, bezeichnete Regitz' frühen Tod als „tragisch“. Auch sie hatten sich „nicht im Guten getrennt“, ebenfalls wegen verschiedener Auffassungen über die Ausrichtung der Parade, der 2001 der Status als politische Demonstration aberkannt worden war. Dies erscheine aber „in Anbetracht des Todes bedeutungslos“. Nichtsdestotrotz habe er Regitz als kompetenten Geschäftsmann kennengelernt, dem nach der Loveparade mit dem neuen E-Werk und dem Café Moskau ein erfolgreicher Neustart geglückt sei.

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