zum Hauptinhalt

Berlin: Telefonkarten-Fälscher gefaßt

Neueste Technik der organisierten Kriminalität: Mikrochips im Plastik von SimulatorenVON CAY DOBBERKE BERLIN. Die Polizei und die Telekom gehen jetzt verstärkt gegen Telefonkartenfälscher vor, nachdem das Ausmaß der Betrügereien in den letzten Monaten stark zugenommen hatte.

Neueste Technik der organisierten Kriminalität: Mikrochips im Plastik von SimulatorenVON CAY DOBBERKE BERLIN. Die Polizei und die Telekom gehen jetzt verstärkt gegen Telefonkartenfälscher vor, nachdem das Ausmaß der Betrügereien in den letzten Monaten stark zugenommen hatte.Bei einer zwölfstündigen Großaktion wurden am Sonntag 14 Benutzer von sogenannten Telefonkarten-Simulatoren in Telefonzellen festgenommen, während sie gerade Ferngespräche nach Afrika oder Asien führten.Die Ermittler fanden dabei deutliche Hinweise auf organisierte Kriminalität: Die insgesamt 20 Simulatoren, die in fünf verschiedenen Bezirken beschlagnahmt wurden, entsprachen nicht nur dem neuesten Stand der Fälschertechnik, sondern waren auch alle baugleich. Die Fortschritte der unbekannten Kartenproduzenten fielen den Polizisten und Telekom-Spezialisten gleich ins Auge, als sie die Simulatoren untersuchten.Waren die Mikrochips bei früheren Fälschungen auf Platinen gelötet worden, die lediglich die passende Größe für den Kartenschlitz der Telefonzellen hatten, so steckt die Elektronik bei den neuen Modellen im Plastikmantel echter Telefonkarten.Nur ein paar winzige Löcher lassen erkennen, daß es sich um Simulatoren handelt.Die Telekom vermutet, daß die Karten aus Tschechien stammen; die Polizei hält es dagegen ebensogut für möglich, daß sie in Berlin produziert wurden. Allein seit Februar ist der Telekom nach eigenen Schätzungen ein Schaden von 100 000 Mark durch die Simulatoren entstanden.Diese werden nach Erkenntnissen der Polizei zu "Straßenpreisen" von rund 1500 Mark gehandelt und hauptsächlich von Ausländern aus fernen Staaten gekauft, die kostenlos in ihre Heimat telefonieren wollen.Die jetzt beschlagnahmten Karten ermöglichten zeitlich unbegrenzte Gespräche: War der angebliche Geldvorrat verbraucht, füllte er sich automatisch wieder auf. Was die ertappten Simulatoren-Benutzer wohl nicht ahnten: Alle bisher bekannten Fälschungen produzieren bestimmte kleine Fehler im Telefonnetz, wie Telekom-Experten herausfanden.Inzwischen hat die Telekom ihre Computer so programmiert, daß alle Berliner Telefonzellen aus der Ferne überprüft werden können und die einschlägigen Fehler sofort Alarm auslösen.Auf diese Weise gelang es am Sonntag, die 14 Täter mit dem Hörer in der Hand zu stellen: "Wir waren nur zwölf Beamte, aber innerhalb von 15 Minuten am Ort", berichtet Stefan Redlich vom Kommissariat für Computerkriminalität im Landeskriminalamt (LKA).Gleichwohl "gab es noch mehr Fehlermeldungen, denen wir nicht nachgehen konnten." Bei dem Einsatz in Tempelhof, Neukölln, Tiergarten, Charlottenburg und Wedding wurde unter anderem ein israelischer Student der Universität Prag gefaßt, der allein zehn Simulatoren bei sich hatte.Ein Nigerianer ohne Aufenthaltserlaubnis leistete heftigen Widerstand gegen seine Festnahme. Die Simulatoren bestehen aus "handelsüblichen Elektronikteilen" mit einem Materialwert von nur rund 40 Mark, wie LKA-Experte Redlich sagt.Damit die Karte funktioniert, müsse der Mikrochip jedoch speziell programmiert werden und der Fälscher die Geheimnisse der Telekom-Technik intensiv kennen.

Zur Startseite