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Tempelhof: Das Volk begehrt und wird entscheiden

Die erste Runde ging an die Tempelhof-Befürworter. Bis zuletzt drängten sie in die Bezirksämter. Für den anstehenden Volksentscheid werden nun internationale Wahlbeobachter gefordert.

Wolfgang Przewieslik, der ehemalige Sprecher der Tempelhof-Freunde, verblüfft die Stadt mit der Forderung nach OSZE-Beobachtern für den bevorstehenden Volksentscheid. „Ein unvorstellbarer Vorgang“, empört sich SPD-Fraktionschef Michael Müller. Nach Ansicht des aktuellen Icat-Sprechers Malte Pereira ist es eine Einzelmeinung. Przewislik hält dagegen. Es sei keine "Krawallaktion". Die Regierungspolitiker hätten das Begehren „diskreditiert“.

Denkmal, Kleinflieger oder Grünanlage?

Gestern beschloss das Abgeordnetenhaus Erleichterungen für künftige Volksbegehren: Danach können Unterschriften nun auch auf der Straße gesammelt werden. Für den Flughafen musste man noch in Rathäusern unterschreiben. „Zuletzt kamen größtenteils ältere Leute“, berichtet die Empfangsfrau im Rathaus Schöneberg am Donnerstagmittag. Ein Paar um die 70 sitzt über dem Formular. „Ich finde es unmöglich, dass die Regierung sich über den Bürgerwillen hinwegsetzt“, sagt die Frau. Und ihr Mann knurrt, dass am Ende die geschichtslosen Ossis die Sache vermasseln könnten: „Denen bedeutet Tempelhof ja nichts.“

Eine Mutter mit Kinderwagen, die mit dem Rücken zum Tempelhof-Tisch wartet, dreht sich um und fragt halblaut: „Kann man auch dagegen unterschreiben?“ Sie habe schon in der Neuköllner Weserstraße und in der Fregestraße in Friedenau gewohnt, ist also Lärmexpertin für beide Einflugschneisen. „Mich hat es nicht gestört“, lautet ihr Fazit, „aber zum Telefonieren musste ich das Fenster zumachen.“ Ein Flughafen mitten in der Stadt sei aus Sicherheits- und Umweltgründen nicht mehr zeitgemäß. Eine Grünanlage wäre gesünder.

Volksentscheid wird Anfang Mai durchgeführt

Selbst in der letzten Stunde vor dem Abschluss des Volksbegehrens für den Flughafen Tempelhof unterschrieben noch Befürworter des Flughafens. Insgesamt unterstützten 203.408 Berliner mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren, wie der Landeswahlleiter am Donnerstagabend mitteilte. Das sind 8,3 Prozent der Wahlberechtigten. Für einen Erfolg waren nur 170.000 Stimmen nötig.

Nahezu jede fünfte Unterschrift beim Volksbegehren für den Erhalt des Flughafens Tempelhof stammt aus der unmittelbaren Umgebung des Airports. 40.407 der mehr als 203.000 Unterschriften kamen in den Bürgerämtern in Tempelhof-Schöneberg zusammen, wie der Landeswahlleiter am Freitag mitteilte. Im ebenfalls nah an Tempelhof gelegenen Bezirk Neukölln sprachen sich 23.944 Menschen dafür aus, den Flughafen offen zu halten. Zahlreiche Unterstützer fand die ICAT auch in Steglitz-Zehlendorf (37.120), gefolgt von Charlottenburg-Wilmersdorf mit 28.439 Unterzeichnern. Im Osten der Hauptstadt war die Resonanz gering, Marzahn-Hellerdorf etwa meldete knapp 2400 Unterzeichner.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit kündigte an, nun möglichst rasch zum Volksentscheid über Tempelhof aufzurufen. Dem Vernehmen nach wird die letzte Abstimmungsstufe, der Volksentscheid, nun Ende April oder Anfang Mai durchgeführt. Das Votum ist für den Senat jedoch nicht bindend. Er will Tempelhof schließen, um den Großflughafen Berlin-Brandenburg International in Schönefeld juristisch nicht zu gefährden. (ml/obs/dpa)

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