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Der Damhirsch im Tempelhofer Franckepark und ein weibliches Tier.

© Sigrid Kneist

Tempelhof-Schöneberg: Aufruhr am Damwildgehege

Seit bekannt wurde, dass das Damwild vom Tempelhofer Franckepark umgesiedelt werden soll, ist es dort mit der Ruhe vorbei. Was soll mit den Tieren geschehen?

Eine kleine Gruppe Menschen steht direkt am Gitter des Hirschgeheges; die kleine Absperrung davor, die eigentlich den Zugang verwehren soll, hat sie nicht gestoppt. Sie sind darüber gestiegen. Sie wollen verfolgen, was sich an diesem Tag im Tempelhofer Franckepark abspielt. Ihr Blick fällt auf den Mann unten im Gehege, der das Damwildrudel und ganz besonders den einzigen männlichen Hirsch beobachtet. Denn im Geweih des Tiers hat sich ein Strick verfangen. Er scheint es aber nicht groß zu stören.

Die Parkbesucher am Zaun sehen das anders. Sie sind erbost, dass ihrer Auffassung nach das Bezirksamt und die für die Parks zuständige Stadträtin Christiane Heiß von den Grünen nichts unternehmen. Dabei haben sich inzwischen die Veterinäre ein Bild gemacht, und die bezirkliche Tierärztin kam zum Schluss: keine direkte Gefahr. Im Büro der Stadträtin heißt es, man müsse nach einer für das Tier schonenden Lösung suchen, wie man den Hirsch vom Strick befreit – ob mit Betäubung oder ohne. Bis dahin würden die Tiere regelmäßig beobachtet, für den Notfall stehe eine Veterinärin bereit. „Vor allen Dingen muss Ruhe einkehren.“

Seit 2002 sind vier Tier durch menschliches Fehlverhalten verendet

Denn mit dieser ist es vorbei, seit bekannt wurde, dass die Stadträtin die Tiere in einen Naturpark nach Brandenburg umsiedeln möchte, weil sie in Tempelhof nicht artgerecht gehalten werden könnten. Heiß verweist auf den Denkmalschutz im Park, der eine Erweiterung der Anlage verhindere. Am wichtigsten ist Heiß aber, dass die Tiere dort nicht geschützt seien. Vier sind seit 2002 durch menschliches Fehlverhalten verendet: durch ins Gehege geworfenes Plastik, durch eine Attacke von Hunden. Ein Hirsch wurde zu Tode gehetzt.

Die Diskussion ist emotional

Die Argumente trägt Heiß am Donnerstag auf einer Einwohnerversammlung im Rathaus Schöneberg vor. Auch dass der Hirsch sich im Strick verhedderte, liege daran, dass sich jemand am Wochenende am Gatter, das durch das Seil geschlossen war, zu schaffen gemacht habe. Die Diskussion im vollbesetzten Saal ist emotional. Anwohner schildern, wie ihnen das Gehege, die Tiere ans Herz gewachsen sind, was es für die Kinder bedeute oder für alte Menschen. Sie sprechen von einem „Kleinod“ und einem „Highlight des Bezirks“. Auf die Schilderungen, was den Tieren dort schon widerfahren ist, geht keiner der Tiergehegebefürworter ein, ebenso wenig wie ihre politischen Unterstützer, darunter Christian Zander, Bezirksverordneter der CDU, oder Jens Fischwasser, Vorsitzender der Abteilung Tempelhof der SPD.

Eine Anwohnerin initiierte die Versammlung

Die Versammlung wurde initiiert von der Anwohnerin Christine Rabe. Als sie 2014 das erste Mal im Park war, sei ein Hirsch durch die Anlage auf sie zugerast und habe den Kopf vor ihr gesenkt, so dass sie ihn durch den Zaun habe streicheln können, erzählt sie am Freitag vor dem Tiergehege. Da habe sich beschlossen, sich um „die NoNos“ zu kümmern, wie sie die Tiere nennt. Sie habe den im Seil verfangenen Hirsch entdeckt, sei ins Gehege geklettert und habe ihn losgeschnitten. Durchaus ehrenwert nannte dies Berlins Tierschutzbeauftragte Diana Plange: „Aber es wäre besser gewesen, es jemandem zu überlassen, der etwas davon versteht.“

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