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Berlin: Tempelhof soll Tegel retten

Die möglichen Folgen einer Schließung des City-Airports bewegen Pankow

Der Ort in der Einflugschneise war ob seiner Geräuschkulisse treffend gewählt. Die hitzige Diskussion im Rathaus Pankow kreiste um die bislang unterbelichtete Frage, ob eine Offenhaltung des Flughafens Tempelhof womöglich eine Schließung Tegels verhindere. Unüberhörbar donnerte das x-te Flugzeug übers Gebäude, als Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gerade sprach. Laut ging es auch im mit rund 50 Gästen gut gefüllten Saal zu. In widerborstiger Wir-sind-das-Volk-Stimmung pochten Zuhörer schon auf ihr Mitspracherecht. „Der Fluglärm hat meinen Sohn krank gemacht“, echauffierte sich eine Frau. Immer wieder drängten Bürger aus Pankow ans Mikrofon, um ihr Leid mit Tegel zu klagen. Währenddessen wechselten Junge- Reyer und Dieter Schlobach von der Interessengemeinschaft City Airport Tempelhof (ICAT) noch einmal ihre Argumente im Streit um Tempelhof: hier der Zentralflughafen, den der Senat im Herbst schließen will; dort der Airport Tegel, der bis zur Eröffnung des Großflughafens BBI in Schönefeld eine gestiegene Verkehrslast schultern muss und dann dichtgemacht werden soll. Die Parteien entdeckten eventuelle Wechselwirkungen nicht überraschend jetzt, da ein Volksentscheid über Tempelhof bevorsteht. Für eine Mehrheit gilt es, in ganz Berlin zu mobilisieren. Und die geplagten Tegel-Anwohner dürften geneigter sein als andere, sich am Entscheid zu beteiligen.

Beide Seiten legten sich griffige Szenarien zurecht. René Stadtkewitz, der für die CDU Pankow im Abgeordnetenhaus sitzt, argumentierte, dass BBI alleine nicht in der Lage sein werde, das erwartete Aufkommen von bis zu 30 Millionen Passagieren im Jahr zu bewältigen. Bleibe Tempelhof auf, könnten kleine Maschinen weiter dort starten und landen. Schließe Tempelhof jedoch, müsse zwangsläufig Tegel weiter offen stehen, um die Überkapazitäten aufzufangen. Senatorin Junge-Reyer, sekundiert vom SPD-Abgeordneten Torsten Schneider, hielt dem die politische und rechtliche Lage entgegen. Laut Konsensbeschluss von 1996 und Rechtsprechung sei eine Schließung beider innerstädtischer Flughäfen Voraussetzung für das Drehkreuz BBI. Breche man Tempelhof aus der Vereinbarung heraus, könne dies bei Tegel genauso geschehen. Die Senatorin bekam lebhaften Beifall, die Tempelhoffreunde scheinen in Pankow hingegen einen schweren Stand zu haben. „Den ganzen Ärger machen doch nur ein paar Bonzen, die mitten in der Stadt landen wollen“, schrie ein junger Mann draußen auf der Straße gegen den Jet an, der gerade übers Rathaus dröhnte. Werner Kurzlechner

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