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In Lichterfelde ersetzen Pferde bereits Rasenmäher. Vielleicht auch bald auf dem Tempelhofer Feld.

© Mike Wolff

Tempelhofer Feld in Berlin: Pferde und Rinder sollen auf dem Feld grasen

Weidetiere sollen bald Berlins größte Freifläche abgrasen. Naturschützer hoffen auf ein Sozialprojekt, das Berlin ein neues Image bringt. Aber darf man nach dem Volksentscheid überhaupt Ställe bauen?

Noch immer hallt die Verballhornung der Argentinier auf der Berliner Fanmeile durch deutsche Fußball-Nationalspieler nach in Zeitungs-Feuilletons und sozialen Netzwerken. Doch weitere „Gauchogates“ sind in der Hauptstadt nicht unwahrscheinlich – wörtlich gemeint. Denn durch die Eingänge des Tempelhofer Feldes könnten bald tatsächlich Viehhirten ihre Rinder oder Pferde treiben.

Beweidung auf 303 Hektar

Bereits 2009 empfahl Ingo Kowarik, Professor an der TU Berlin und Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege, zu prüfen, ob „Schafe oder große Weidetiere wie Wildpferde“ auf dem Tempelhofer Feld grasen könnten – und zwar „zum Offenhalten der Flächen“. Um die Pflege der 303 Hektar großen Freifläche kümmert sich die Grün Berlin GmbH. Sie steht im Dienst der Senatsverwaltung – und der Feldlerche, die wie berichtet „Leitart“ auf dem Feld ist. Nach den Bedürfnissen des Vogels richtet sich das Parkmanagement, das zum Beispiel den Rhythmus beinhaltet, in welchem die Wiesen gemäht werden.

Die Grün Berlin GmbH befindet sich nach eigenen Angaben inzwischen „in intensivem Austausch mit der Obersten Naturschutzbehörde“ darüber, ob nicht Tiere den Job der Mähmaschinen übernehmen können. „Der Einsatz von Weidetieren auf den Wiesen des Tempelhofer Feldes ist bei uns Teil der Diskussion“, sagt Parkmanager Michael Krebs. Es müsse jedoch geprüft werden, ob eine solche Beweidung sowohl mit dem Natur-, als auch dem Artenschutz vereinbar sei.

„Attraktive Weidetiere mitten in der Metropole“

Gewöhnliche Mahd und Beweidung können völlig unterschiedliche Pflanzenpopulationen zur Folge haben. Während die Angestellten der Grün Berlin GmbH gezielt um geschützte Pflanzenarten herummähen, beißen Schafe oder Pferde einfach zu. Bittere und giftige Pflanzen vertilgen sie, im Gegensatz zum Rasenmäher, nicht. Zu diesen naturschutzbezogenen Fragen, die sich Krebs stellt, gesellt sich auch die, ob Weidetiere auf dem Feld „mit den zahlreichen Freizeitaktivitäten der Besucherinnen und Besucher verträglich wären“.

Für den Landesbeauftragten Kowarik steht fest, dass die Menschen profitieren würden. Für sie habe eine Beweidung im Gegensatz zu Rasenmähern einen sozialen Mehrwert. „Viele Kinder und Jugendliche haben heute vor allem virtuelle Zugänge zur Natur. In Tempelhof bietet sich die Chance, attraktive Weidetiere mitten in der Metropole erfahrbar zumachen“, erklärt Kowarik. Daraus könne sogar ein generationsübergreifendes Sozialprojekt werden.

Keine Ställe wegen Volksinitiative

Durch Huftiere, die auf dem Tempelhofer Feld weiden, würde aber auch ein „Image vermittelt“. Zwar gibt es schon Beweidungsprojekte in Berlin, zum Beispiel in Lichterfelde-Süd, wo Pferde der Reitgemeinschaft Holderhof auf dem alten US-Truppenübungsgelände „Parks Range“ grasen. Aber eine Beweidung mitten in der Stadt sei „ein ganz besonderes Projekt, das sicher weltweit Beachtung fände“, sagt Kowarik.

Eine Beweidung auf dem Tempelhofer Feld ist aber nach Angaben der Senatsverwaltung nicht unproblematisch. Ställe könne man nach dem Volksentscheid kaum bauen. Täglich Tiere aufs Feld zu bringen sei aufwändig. Unklar ist zudem, welche Tiere überhaupt zum Fresseinsatz kämen. Schafe, die auch für Tegel im Gespräch sind, grasten hier schon einmal. Pferde und Rinder sind im Gespräch. Europäische Bisons, Wisente genannt, die in Brandenburg grasen, hält Kowarik auf dem Tempelhofer Feld für unpassend.

Vinzenz Greiner

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