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Tempelhofer Feld: Nicht bauen geht gar nicht

Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus begrüßen den Volksentscheid – und lehnen ihn inhaltlich ab. Selbst die Piraten halten den Gesetzentwurf der Initiative 100 Prozent Tempelhof für eine „Extremposition“.

Rollen die Bagger nun oder rollen sie nicht? Solche Fragen treiben Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) langsam auf die Palme. „Es werden keine Fakten geschaffen“, sagt er im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses mit Blick auf das Tempelhofer Feld. Gegenwärtig würden dort lediglich Munitionsreste beseitigt und Spuren eines Zwangsarbeiterlagers freigelegt, anderslautende Berichte seien „eine Diffamierung“.

Die Debatte um den bevorstehenden Volksentscheid blieb aber weitgehend friedlich. Alle Fraktionen begrüßten die basisdemokratische Abstimmung – die „Einladung an alle Berliner, über die Zukunft des Feldes zu diskutieren“ (Stefan Evers, CDU) – und distanzierten sich gleichzeitig vom Gesetzentwurf des Volksbegehrens, der bis auf wenige Ausnahmen keine Bebauung zulässt. Selbst Philipp Magalski von den Piraten bezeichnete den Gesetzentwurf als „Extremposition“, die einer „kreativen Entwicklung“ des Feldes hinderlich sein könnte.

Beim Volksentscheid können die Berliner zwischen zwei Varianten wählen

In den nächsten Wochen wollen die Fraktionen sondieren, ob ein gemeinsamer Gegenentwurf des Parlaments möglich ist. Dieser Entwurf würde dann als Alternative zur Abstimmung gestellt. Die Berliner könnten zwischen zwei Varianten wählen und müssten nicht mit Ja oder Nein stimmen. Die Positionen der Parteien liegen jedoch weit auseinander. Die Grünen wollen deutlich weniger Wohnungen bauen als die SPD und lehnen einen Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) ab. Die Linken möchten die Randbebauung auf den Streifen am Tempelhofer Damm beschränken. Und die CDU befürwortet weitgehend den bestehenden Masterplan mit Gewerbe im Süden und Wohnungsbau auf den übrigen Baufeldern. „Der Minimalkonsens wäre: Freifläche sichern und Volksentscheid ablehnen“, erklärte Evers, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU. Mit Freifläche meint er die 230 Hektar, die auch im Masterplan des Senats grün bleiben sollen.

Evers sieht besonders die Option auf neue Sportflächen in Gefahr, wenn der Volksentscheid durchkommt. „Das wäre eine Katastrophe für die Anrainerbezirke.“ Vor allem Friedrichshain-Kreuzberg hat Flächenbedarf angemeldet. Auch die geplante Erweiterung des muslimischen Friedhofs und der Neubau der ZLB wären nicht mehr möglich. Mit den Stimmen der Koalition wurden Anträge von Grünen und Linken abgelehnt, die ein Planungsmoratorium für die ZLB und andere Bauvorhaben wie das Wasserbecken fordern.

Volksentscheid vermutlich am 25. Mai

Senator Müller bezeichnete es als „verantwortungslos“, die Planungen für dringend benötigte Wohnungen weiter hinauszuzögern. Die Bagger würden frühestens 2016 rollen. Offen ließ er jedoch, ob der für das Frühjahr vorgesehene Baubeginn des Wasserbeckens bis nach dem Volksentscheid verschoben wird. Was den Abstimmungstermin betreffe, so warte er die Vorlage des zuständigen Innensenators Frank Henkel (CDU) ab, sagte Müller. Es gebe auch „gute Argumente für einen eigenen Wahltermin“. Man müsse nicht immer „böse Absichten“ unterstellen, wenn Volksentscheide nicht mit regulären Wahlen gekoppelt würden.

Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz glaubt, es werde „auf den 25. Mai hinauslaufen“, also ein Volksentscheid zusammen mit der Europawahl. Nach gegenwärtigem Planungsstand sollen maximal 4.700 Wohnungen auf dem Feld entstehen, sagte Müllers Sprecherin Daniela Augenstein auf Anfrage. Da vor allem städtische Wohnungsbaugesellschaften zum Zuge kämen, müssten 50 Prozent der Wohnungen an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen (WBS) abgegeben werden.

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