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Weiter Blick über die Rollbahn des Tempelhofer Feldes.

© dpa

Tempelhofer Freiheit: Das 600-Millionen-Feld

Die Bebauung der Tempelhofer Freiheit wird mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten. Ohne Zuschüsse des Senats wird das Vorhaben nicht auskommen. Das zeigen interne Papiere, die dem Tagesspiegel vorliegen.

Rund 180 Millionen Euro wird die Bebauung des Flugfeldes Tempelhof und die Sanierung des stillgelegten Airport-Gebäudes das Land Berlin an Zuschüssen kosten – falls die neu entstehenden Siedlungen in der beliebten innerstädtischen Parklandschaft nicht viel größer, viel dichter und viel höher gebaut werden, als bisher vorgesehen. Dies geht aus einer vertraulichen „Kosten- und Finanzierungsplanung“ der für den Siedlungsbau verantwortlichen „Tempelhof Projekt“ hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Doch die Gesamtkosten sind mit 613 Millionen Euro noch viel höher. Das wiederholt erklärte Ziel des Senats, den Bau von Straßen und Plätzen, Wegen und Versorgungsnetzen allein durch den Verkauf von Grundstücken zu finanzieren, rückt mit der jetzt bekannt gegebenen Kalkulation an Zuschüssen, in weite Ferne.

Ein Blick in die zehnseitige detaillierte Aufschlüsselung von Kosten- und Einnahmen aller an dem Vorhaben beteiligten Landesfirmen offenbart, warum das zähe Ringen um einen gemeinsamen Gesetzesentwurf scheitern musste, den alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus zur Gestaltung des beliebten Parks und als Antwort auf das bislang erfolgreiche Volksbegehren „100% Tempelhofer Feld“ verhandelt hatten: Die Bebauung des Feldes wird mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten. Und um diese enorme Summe wieder hereinzuholen, bleibt kaum Spielraum für eine aufgelockerte Bebauung. Denn finanziert werden soll der Siedlungsbau durch den Verkauf der Grundstücke auf dem Feld. Und ordentliche Preise sind nur dann zu erzielen, wenn viele Wohnungen darauf gebaut werden dürfen.

Allein schon die aktuelle Planung, die als Grundlage für die bestehende Finanzierungsrechnung dient, sieht dem internen Papier der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zufolge bereits „Gebäudehöhen von rund 22 Metern“ mit sieben Vollgeschossen vor. An einzelnen Stellen geht es sogar noch höher hinaus: „eine bis zu zehngeschossige Bebauung mit einer Höhe von circa 33 Metern“.

Noch mehr und noch dichter müsste aber gebaut werden, wenn die drohende Finanzlücke ganz und gar geschlossen werden soll. Aus Senatskreisen ist zu hören, dass das dreistellige Millionen-Loch in dieser Kosten- und Finanzierungsplanung mit aller Gewalt heruntergerechnet werden muss. Viel Spielraum gibt es dafür allerdings nicht. Denn allein schon nach den bisherigen Plänen sind aus dem Verkauf des Baulandes auf dem Feld mehr als 160 Millionen Euro Einnahmen eingeplant.

Dieses Geld müssen zu einem guten Teil die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften aufbringen. Denn diese sollen überwiegend beim ersten Bauabschnitt am Tempelhofer Damm zum Zuge kommen. Müssten die Unternehmen noch höhere Summen für das Bauland bezahlen, dann wird es noch unwahrscheinlicher, dass sie die neu entstehenden Wohnungen zu günstigen Mieten anbieten können, ohne sich erneut stark zu verschulden.

„Wir haben unser Ziel erreicht, wenn wir aus den Erlösen der Grundstücke deren Erschließung bezahlen können“, sagte der Chef der landeseigenen „Tempelhof Projekt“, Gerhard Steindorf. „Die Sanierung des früheren Flughafengebäudes wird ohne Zuschüsse nicht möglich sein.“ In die Finanzierungsplanung fließt das Flughafengebäude mit einem Betrag von rund 350 Millionen Euro bis ins Jahr 2025 ein. Zu den dem Tagesspiegel vorliegenden Zahlen wollte sich Steindorf nicht äußern.

„Sozialen Wohnungsbau gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte der Stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Evers, in einer ersten Reaktion. Je höher der Anteil günstiger Wohnungen für sechs bis acht Euro je Quadratmeter nettokalt sei, desto stärker schlage das schließlich bei den Kosten für das Vorhaben zubuche. Die Fraktionschefin der Grünen, Antje Kapek, glaubt nicht daran, dass das Gebiet sozialverträglich entwickelt werden kann: „Der Druck, hohe Erlöse über den Verkauf des Baulands zu erzielen, ist dafür zu groß.“ Deshalb sei auch eine Bebauung des Columbiaquartiers entgegen den Versprechungen der SPD „absehbar“.

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