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Berlin: Tempodrom-Kosten: War schon große Koalition gewarnt?

Landesbank soll damaligen Finanzsenator Kurth (CDU) früher als bisher bekannt über steigende Baukosten informiert haben. Er bestreitet das

Von Lars von TörnE

und Matthias Oloew

Die Themenliste für den Tempodrom-Untersuchungsausschuss wird immer länger. Und beinahe täglich kommen neue brisante Details hinzu. Wenn die neun Abgeordneten, die die Geschichte des Kreuzberger Kulturbaus ab der kommenden Woche aufarbeiten, am Montag zum ersten Mal zusammenkommen, werden sie sich wohl auch mit zwei Briefen aus den Jahren 2000 und 2001 beschäftigen, die am Freitag bekannt wurden.

Die beiden Schreiben, aus denen die „Berliner Zeitung“ zitierte, könnten belegen, dass die Landesregierung früher als bisher bekannt über die gestiegenen Tempodrom-Baukosten informiert war. So soll die Landesbank (LBB) die Verwaltung des damaligen Finanzsenators Peter Kurth (CDU) bereits am 15. September 2000 – fast ein Jahr, bevor Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) über die drohende Pleite des Projekts informiert worden sein will – auf eine Baukostenüberschreitung von 600 000 Euro hingewiesen haben. Kurth bestreitet, die Warnungen erhalten zu haben. Sein damaliger Staatssekretär Hugo Holzinger sagte dem Tagesspiegel: „Nach meiner Erinnerung lagen diese Schreiben nicht vor, sonst hätte ich sofort prüfen lassen, ob die Bank das vereinbarte controlling unterließ und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht hätte.“

Die LBB kontrollierte während der Bauphase von 2000 bis Ende 2001 die Baukosten, weil sie dem Tempodrom einen Kredit von 12,7 Millionen Euro gewährt hatte, für den das Land Berlin mit 80 Prozent bürgte. Bereits Ende Mai 2001 soll die LBB der Finanzbehörde eine Erhöhung von 4,4 Millionen Euro gemeldet haben. Die heute besonders umstrittene Rettungsaktion für den Bau durch den Senat erfolgte aber erst im Herbst 2001. Finanzverwaltung und Landesbank lehnten gestern eine Stellungnahme ab.

Bei der SPD reagierte man am Freitag auf die Veröffentlichung der Warnbriefe an den CDU-Senator mit Genugtuung. „Das bestätigt die These, die wir schon seit langem vertreten: Das Tempodrom hat viele Mütter und Väter in allen Parteien“, sagte der Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Peter Stadtmüller. Auch in Senatskreisen wurden die Briefe als Beleg dafür bewertet, dass an der umstrittenen Finanzierung des Kulturbaus mehrere Senatsverwaltungen beteiligt waren und nicht nur die zuletzt in die Kritik geratene Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD). Gegen ihn ermittelt seit Monaten der Staatsanwalt.

Die CDU sieht die Debatte um die Verantwortung ihrer Senatoren beim Tempodrom demonstrativ gelassen. „Die Briefe werden Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein, wie auch alle anderen Dokumente zum Thema“, sagte CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer. Die Frage, ob und inwieweit Peter Kurth von den Finanzproblemen des Tempodroms wusste, lenke allerdings „nicht von unserer Stoßrichtung im Ausschuss ab: Peter Strieder bleibt die zentrale Person bei den umstrittenen Finanzhilfen fürs Tempodrom.“

Carl Wechselberg, der für die PDS im Untersuchungsausschuss sitzen wird, warnt davor, in die Briefe zu viel hineinzuinterpretieren. „Man muss klären, wie intensiv gewarnt worden ist.“ Ähnlich sieht das Michael Braun (CDU), der den Tempodrom-Ausschuss leiten wird: „Wir prüfen alle Vorgänge – nach dem Prinzip Genauigkeit vor Schnelligkeit.“

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