zum Hauptinhalt
Höchste Sicherheit. Die Terrorverdächtigen wurden in abgedunkelten Transportern am Freitagnachmittag zum Ermittlungsrichter gebracht. Aus dem Schiebedach guckten die schwer bewaffneten Elitepolizisten. Foto: dpa/Jensen

© dpa

Terrorverdächtige in Berlin: Gerüchte an jeder Ecke

In den Kiezen rätseln die Nachbarn über die Terrorverdächtigen Sie seien sehr unauffällig gewesen – plötzlich wirkt das sehr auffällig.

Es gibt nur ein Gesprächsthema an diesem Freitag in der High-Deck-Siedlung in Neukölln: Die Verhaftung des Terrorverdächtigen Hani N. An jeder Ecke wird getuschelt, werden Gerüchte gestreut und wer sich mit Reportern unterhält, der erntet strafende Blicke.

Ibrahim I. schert sich darum aber nicht. Er hat sich mit seinen Freunden vor einem der grauen Wohnblöcke aus den siebziger Jahren getroffen und plaudert drauf los. Der 20-Jährige kennt Hani N. schon seit einem Jahr, erzählt er, Hani N. sei sein Nachbar. Regelmäßig hätten sie gemeinsam Fußball gespielt, auf dem Bolzplatz, gleich um die Ecke. „Hani ist dick, aber ein guter Kicker“, erzählt er.

Der 28-Jährige sei sehr religiös gewesen, berichtet Ibrahim I. Einmal habe er seinen Bruder belehrt, dass er sein Real-Madrid-Trikot ausziehen solle. Er solle sich weniger mit Christiano Ronaldo, sondern mehr mit dem Islam befassen, habe N. gesagt. Eine andere Anwohnerin in der Siedlung erzählt, dass Hani N.s Ehefrau immer allein auf dem Spielplatz gesessen und nie mit anderen gesprochen habe. Auch in der Moschee habe man sie immer nur kurz gesehen. „Sie war sehr verschlossen“, sagt die Anwohnerin. Mehr will sie dann aber nicht erzählen. „Die Nachbarn schauen schon“, sagt sie.

Der zweite Verdächtige, Samir M., wohnt in der Urbanstraße in Kreuzberg, in einem großen Wohnblock über einer Tankstelle. Dort ist es am Tag danach still auf den Fluren, eigentlich wie immer, denn Samir M. habe wenig von sich preisgegeben. Eine Frau, deren Wohnung gleich nebenan liegt, sagt: „Er hat an der Tür immer darauf geachtet, dass man nicht in die Wohnung sehen kann.“ Bei ihm sei es immer totenstill gewesen, auch wenn der 24-Jährige zu Hause war, berichten andere Nachbarn.

In der Ar-Rahman-Moschee in der Tromsöer Straße in Wedding haben sich viele Gläubige zum Freitagsgebet versammelt. Die beiden Terrorverdächtigen sollen sich mehrfach in der Moschee aufgehalten haben, die zum Verein „Islamisches Kulturzentrum für religiöse Aufklärung“ gehört. Am Donnerstag hatte die Polizei das Gebäude durchsucht. Ermittelt wird gegen den Verein oder Vorstand allerdings nicht. Zum Freitagsgebet steigen dort um die Mittagszeit viele Männer unterschiedlichen Alters das schmale Treppenhaus zur Moschee im zweiten Stock hinauf, doch sagen möchte hier niemand etwas zu den Festnahmen.

Nur etwa 50 Meter von der Moschee entfernt liegt das „Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung“. Der Vorstand des muslimischen Vereins wiegelt alle Fragen zu den Terrorverdächtigen ab. „Wir wissen dazu auch nicht mehr.“ Einige Besucher deuten an, dass die beiden benachbarten Vereine kein gutes Verhältnis miteinander pflegten. Anders als die Ar-Rahman-Moschee nimmt das interkulturelle Zentrum zusammen mit mehr als 40 Berliner Moscheen an der Aktionswoche „Hand in Hand gegen Gewalt“ teil, die gestern begann.

Einer der Besucher ist Aktham Abazid. Der in Syrien geborene Deutsche verurteilt die Pläne der „beiden Verrückten“. „Falls sie tatsächlich Anschläge geplant haben, ist das vollkommen unverantwortlich“, sagt der 37-jährige Sunnit. „So ein Wahnsinn schadet Muslimen wie Deutschen gleichermaßen.“ (bjs,eve,msb)

Zur Startseite