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Berlin: Teurer Frühstart in den Sommerurlaub

Weil türkische Schüler oft vor Ferienbeginn Richtung Süden fahren, haben Schulen Bußgelder beantragt

„Mit Beginn der Schulferien hat der Strom der Heimatreisenden begonnen“, schrieb die türkische Tageszeitung Hürriyet vor wenigen Tagen. Dazu zeigte das Blatt ein Foto von ein paar Erwachsenen und Kindern, die auf einem Parkplatz in Serbien eine Pause machen: Das sei Familie Arslan aus Berlin. Und genau das ist das Problem. Denn in Berlin haben die Ferien noch gar nicht begonnen, in Berlin ist noch bis Mittwoch Schule.

Doch jedes Jahr machen sich hunderte türkische Familien vorzeitig auf den Weg in die Türkei. Schulen mit hohem Anteil an nichtdeutschstämmigen Schüler zeigen dafür immer weniger Verständnis. „Das geht nicht. Wir sind eine Lebensgemeinschaft. In den letzten Tage besprechen wir das neue Schuljahr, am letzten Tag feiern wir“, sagt Ruth Weber von der Peter-Petersen-Grundschule in Neukölln. Die resolute Schulleiterin hat bereits mehrere Eltern beim Bezirksamt gemeldet, das auch in solchen Fällen Bußgelder verhängt: fünf Euro pro Kind und pro unentschuldigtem Fehltag. Das sind die üblichen Tarife für Schulschwänzer. Vor dieser Aktion hätten fünf bis zehn Kinder pro Klasse gefehlt. „Nun ist Ruhe eingekehrt“, sagt sie. Dass diese Maßnahme Wirkung zeigt, bestätigt auch Brigitte Pick von der Rütli-Hauptschule in Neukölln. „Bei mir ist bisher nur ein Antrag auf Beurlaubung eingegangen“, sagt sie. Es hat einen Grund, warum es auch an ihrer Schule dieses Problem nicht gibt. „Die Eltern wissen, dass ich sie sonst dem Bezirksamt melde.“ Anders ginge das bei einem Ausländeranteil von 80 Prozent, wie an ihrer Schule, nicht, denn sonst sitzen die Lehrer nur noch mit einer Hand voll Schüler da, wenn sie am Mittwoch die Zeugnisse ausgeben.

Doch die Verlockung für die türkischstämmigen Eltern ist groß. Noch wenige Tage vor Ferienbeginn sind die Autobahnen schön leer, und auch Flugtickets in die Türkei sind dann wesentlich preisgünstiger als in den Ferien. Bei einigen Rektoren finden solche Argumente Gehör. „Die Hälfte meiner Eltern sind arbeitslos oder bekommen Sozialhilfe“, sagt die Leiterin einer Grundschule in Neukölln, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Wenn sie ein Mal in sechs Jahren früher buchen, gönne ich ihnen das“, sagt sie. Dagegen stellt der Leiter des Robert-Koch-Gymnasiums in Kreuzberg, Rainer Völkerl fest, dass er „finanzielle Gründe“ nicht gelten lasse: „Ich sage strikt Nein, wenn mich Eltern um die Beurlaubung ihrer Kinder bitten.“ Trotzdem komme es vor, dass Eltern früher buchten. Bei ihm bekommen diese Schüler dann unentschuldigte Fehltage ins Zeugnis eingetragen.

Suzan Gülfirat

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