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Sie wollten noch ein bisschen tanzen. (Symbolbild)

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Update

„The Pearl“ in Charlottenburg: Berliner Polizei räumt zwei Partys in Club, der 500.000 Euro Corona-Hilfe bekam

„The Pearl“ erhielt eine halbe Million Euro Corona-Hilfe und klagte erfolgreich gegen die Sperrstunde. Am Wochenende löste die Polizei dort zwei Partys auf.

Noch einmal feiern vor dem Shutdown: Mit Halloween-Dekoration, Kostümen und Rabatten auf Vodka- oder Champagnerflaschen lockte das Charlottenburger Etablissement „The Pearl“ seine Gäste am vergangenen Wochenende. Doch an alle Corona-Verordnungen hielten sich die Betreiber dabei nicht:

Sowohl in der Nacht auf Samstag als auch einen Abend später löste die Polizei die Partys auf. Dabei hatte der Club sogar eine Ausnahmegenehmigung vor dem Verwaltungsgericht erwirkt, wonach die Sperrstunde um 23 Uhr für die Betreiber nicht galt, sondern eine Verlängerung bis 24 Uhr. Doch auch an diese hielt sich offenbar niemand.

Eine Polizeisprecherin sagte dem Tagesspiegel am Dienstag auf Anfrage: „In beiden Fällen wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Betreiber eingeleitet.“ Demnach hatte ein Unbekannter in der Nacht auf Samstag um 0.20 Uhr die Polizei alarmiert. Mehr als 100 Feiernde mussten den Club verlassen.

Doch gelernt hatte man daraus offenbar nicht. Am nächsten Abend wurde die Polizei erneut nach Mitternacht gerufen. Dieses Mal rückte eine Hundertschaft an und beendete die Party. Auf Fotos, die die „B.Z.“ veröffentlichte, sieht man Gäste, die ohne Abstand und Maske feiern.

Pikant ist der Fall vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen in den vergangenen Monaten umfangreich mit Corona-Hilfsgeldern vom Land Berlin bezuschusst wurde. Im Rahmen der Soforthilfe IV 2.0 für Berliner Clubs erhielt „The Pearl Betriebs GmbH“ eine Zuwendung von 500.000 Euro – der Maximalbetrag.

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Nur ein anderes Unternehmen, das Tempodrom in Kreuzberg, erhielt ebenfalls so viel. Andere große Club, wie zum Beispiel das Kreuzberger „Watergate“, erhielten mit 25.000 Euro deutlich weniger. „Das reicht nicht einmal für eine Monatsmiete“, hatte Watergate-Gründer Ulrich Wambacher vor einigen Tagen dem Tagesspiegel gesagt.

Im Schnitt bekamen Clubs 85.000 Euro

Ausschlaggebend für die Höhe der Unterstützung war die finanzielle Lage des jeweiligen Clubs gewesen. Wombachers Angaben zufolge sei diese im „Watergate“ nur wegen Spenden von Fans und privaten Krediten besser gewesen. Im Schnitt bekamen die geförderten Clubs 85.620 Euro.

Die Zahlen gehen aus der Antwort der Kulturverwaltung von Mitte Oktober auf eine Parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Georg Kössler hervor. Er ist clubpolitischer Sprecher seiner Fraktion und kritisiert das Verhalten der „The Pearl“-Betreiber: „Das ist ein unnötiges und respektloses Verhalten gegenüber all den Clubs, die sich an die Regeln halten.“

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Vor dem Teil-Shutdown sei er selbst am Wochenende noch mal abends unterwegs gewesen, sei aber pünktlich um 23 Uhr aus einer Bar gebeten worden. Nach seinem Empfinden hätten sich die meisten Kneipen-, Bars- und Club-Betreiber an alle Regeln gehalten. Umso mehr ärgert er sich über die Berichte aus dem „The Pearl“: „Wenn man schon so eine Ausnahmegenehmigung hat, sollte man sich an die Regeln halten und nicht so unsolidarisch sein“, sagte Kössler.

Die Betreiber des „The Pearl“ ließen Anfragen am Dienstag unbeantwortet. Eine Marketing-Mitarbeiterin wollte am Telefon auf Tagesspiegel-Anfrage nichts zu dem Vorfall sagen.

"Unsozial und unverantwortlich"

In der Berliner Kulturverwaltung äußerte man sich dagegen entrüstet. „Das ist im höchsten Maße unsozial und unverantwortlich“, sagte der Sprecher der Kulturverwaltung, Daniel Bartsch. Er betonte aber auch, „The Pearl“ sei gleichwohl antrags- und förderberechtigt gewesen. Dies habe auch ein externer Wirtschaftsprüfer bestätigt. Bartsch: „Die Förderung und die Vorfälle vom Wochenende muss man getrennt betrachten.“

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Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission, sieht es dagegen kritisch, dass „The Pearl“ überhaupt förderberechtigt war. „Aus meiner Sicht ist das eine Diskothek“, sagte er. Die hätten zwar auch ihre Berechtigung im Nachtleben, Clubs würden aber gezielt auf ein kuratiertes Kulturprogramm setzen, statt auf Entertainment.

Die Einsätze im „The Pearl“ seien nach seinem Ermessen gerechtfertigt gewesen, sagt Leichsenring. Ganz im Gegenteil zu anderen polizeilichen Maßnahmen in letzter Zeit: „Wir haben eine gewisse Motivation bei der Polizei beobachten können, die Clubs unverhältnismäßig zu kontrollieren“, sagte Leichsenring und verwies auf eine Kunstausstellung in der „Wilden Renate“. Dort werfen die Betreiber der Polizei einen „aggressiven“ Einsatz vor, in dessen Folge man die Ausstellung vorzeitig beendet habe. Für Leichsenring nur eines von vielen Beispielen. Clubs im Allgemeinen seien zuletzt von Politik und Polizei als Pandemie-Treiber stigmatisiert worden.

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